Starkes Saisonfinale beflügelt Hamburger Träume
Mit Sieg in Rostock hat HSV Relegation sicher – Team war Anfang April noch weit zurück
Hamburg – Nach den vergangenen drei Spielzeiten musste der Hamburger SV stets Schadenfreude und Spott ertragen – diesmal könnte es anders sein. Was bei drei gescheiterten Aufstiegsversuchen in der 2. Liga noch nie gelungen war, hat der HSV in den jüngsten fünf Wochen geschafft: Ein starkes Saisonfinale. Wird die Siegesserie an diesem Sonntag (15.30 Uhr/Sky) bei Hansa Rostock fortgesetzt, sichert sich der Tabellendritte mindestens den Relegationsplatz. Das hat enorm viel mit Trainer Tim Walter zu tun.
Dabei war sein Team Anfang April weit zurück. Nach der Niederlage bei Holstein Kiel (0:1) schien die vierte er
Tim Walter
folglose Saison in Serie besiegelt. Mit sieben Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz war der HSV abgeschrieben. Punktebilanz (45) und Platzierung (6.) waren die schlechtesten in vier Zweitliga-Jahren zum vergleichbaren Zeitpunkt (zuvor: 50/3., 49/3., 52/2.). Die Fans verloren die Lust, das Stadion wurde leerer.
Was dann folgte, überraschte selbst die Optimisten. Erstmals in der laufenden Saison gelang eine Serie von vier Siegen. Eine mögliche Erklärung: In den Vorjahren war der HSV stets der Gejagte, jetzt ist er der Jäger. Diese Ausgangslage scheint Hamburg zu liegen.
Walter überzeugt mit seiner Spielphilosophie. Der Badener hatte schon zu Saisonbeginn festgelegt, das Drumherum auszublenden, bis zuletzt nicht über Aufstieg zu reden. „Wir bleiben bei uns“, lautet sein Kernsatz. Die Zurückhaltung warf er erst jetzt vor dem letzten Spieltag über Bord, und er sagte offensiv: „Wir wollen aufsteigen.“
Sein Offensivfußball, der anfangs mit permanenten Positionswechseln noch wild wirkte und mit aufgerückter Defensive mitunter riskant ist, verläuft mittlerweile geordneter. „Diese Art Fußball zu spielen, macht unheimlich Spaß“, sagte Robert Glatzel, mit 21 Saisontoren der Toptorschütze des HSV. Zugleich loben die Profis das gute Klima im Team und würdigen Walters Rolle.
Der 46-jährige Coach ist Verfechter des Ballbesitzfußballs. Mit Ausnahme der jüngsten Partie gegen Hannover 96 (2:1) hatten stets die Hamburger häufiger den Ball als der Gegner. Walters Logik: Ist der Ball bei uns, kann der Gegner keine Tore schießen. Kein Team musste so wenige Gegentore hinnehmen wie der HSV (33).
Obwohl er nach Schalke (70) und Darmstadt (68) mit 64 Toren die meisten Tore der Liga erzielte, hält die Ausbeute nicht Schritt mit den Chancen. Zwölf Unentschieden, die zweitmeisten der Liga, stehen auch für verschenkte Siege. Wäre der HSV effektiver, hätte er die Bundesliga-Rückkehr schon längst in der Tasche.
Während die Hamburger zuletzt eine stabile Siegesserie hinlegten (12 Punkte), strauchelte die Konkurrenz. Schalke (9), Bremen (7), Darmstadt (6), St. Pauli (2) – die Aussetzer der Rivalen holten den abgeschlagenen HSV zurück ins Spiel. Und mit jedem Sieg wuchs das Selbstbewusstsein. „Wir sind überzeugt von uns, wir sind mutig“, beteuerte Walter: „Wir sind da, wo wir sind, zu Recht.“