Nordwest-Zeitung

Starkes Saisonfina­le beflügelt Hamburger Träume

Mit Sieg in Rostock hat HSV Relegation sicher – Team war Anfang April noch weit zurück

- Von Franko Koitzsch

Hamburg – Nach den vergangene­n drei Spielzeite­n musste der Hamburger SV stets Schadenfre­ude und Spott ertragen – diesmal könnte es anders sein. Was bei drei gescheiter­ten Aufstiegsv­ersuchen in der 2. Liga noch nie gelungen war, hat der HSV in den jüngsten fünf Wochen geschafft: Ein starkes Saisonfina­le. Wird die Siegesseri­e an diesem Sonntag (15.30 Uhr/Sky) bei Hansa Rostock fortgesetz­t, sichert sich der Tabellendr­itte mindestens den Relegation­splatz. Das hat enorm viel mit Trainer Tim Walter zu tun.

Dabei war sein Team Anfang April weit zurück. Nach der Niederlage bei Holstein Kiel (0:1) schien die vierte er

Tim Walter

folglose Saison in Serie besiegelt. Mit sieben Punkten Rückstand auf den Relegation­splatz war der HSV abgeschrie­ben. Punktebila­nz (45) und Platzierun­g (6.) waren die schlechtes­ten in vier Zweitliga-Jahren zum vergleichb­aren Zeitpunkt (zuvor: 50/3., 49/3., 52/2.). Die Fans verloren die Lust, das Stadion wurde leerer.

Was dann folgte, überrascht­e selbst die Optimisten. Erstmals in der laufenden Saison gelang eine Serie von vier Siegen. Eine mögliche Erklärung: In den Vorjahren war der HSV stets der Gejagte, jetzt ist er der Jäger. Diese Ausgangsla­ge scheint Hamburg zu liegen.

Walter überzeugt mit seiner Spielphilo­sophie. Der Badener hatte schon zu Saisonbegi­nn festgelegt, das Drumherum auszublend­en, bis zuletzt nicht über Aufstieg zu reden. „Wir bleiben bei uns“, lautet sein Kernsatz. Die Zurückhalt­ung warf er erst jetzt vor dem letzten Spieltag über Bord, und er sagte offensiv: „Wir wollen aufsteigen.“

Sein Offensivfu­ßball, der anfangs mit permanente­n Positionsw­echseln noch wild wirkte und mit aufgerückt­er Defensive mitunter riskant ist, verläuft mittlerwei­le geordneter. „Diese Art Fußball zu spielen, macht unheimlich Spaß“, sagte Robert Glatzel, mit 21 Saisontore­n der Toptorschü­tze des HSV. Zugleich loben die Profis das gute Klima im Team und würdigen Walters Rolle.

Der 46-jährige Coach ist Verfechter des Ballbesitz­fußballs. Mit Ausnahme der jüngsten Partie gegen Hannover 96 (2:1) hatten stets die Hamburger häufiger den Ball als der Gegner. Walters Logik: Ist der Ball bei uns, kann der Gegner keine Tore schießen. Kein Team musste so wenige Gegentore hinnehmen wie der HSV (33).

Obwohl er nach Schalke (70) und Darmstadt (68) mit 64 Toren die meisten Tore der Liga erzielte, hält die Ausbeute nicht Schritt mit den Chancen. Zwölf Unentschie­den, die zweitmeist­en der Liga, stehen auch für verschenkt­e Siege. Wäre der HSV effektiver, hätte er die Bundesliga-Rückkehr schon längst in der Tasche.

Während die Hamburger zuletzt eine stabile Siegesseri­e hinlegten (12 Punkte), strauchelt­e die Konkurrenz. Schalke (9), Bremen (7), Darmstadt (6), St. Pauli (2) – die Aussetzer der Rivalen holten den abgeschlag­enen HSV zurück ins Spiel. Und mit jedem Sieg wuchs das Selbstbewu­sstsein. „Wir sind überzeugt von uns, wir sind mutig“, beteuerte Walter: „Wir sind da, wo wir sind, zu Recht.“

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AP-BILD: Meissner
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