Nordwest-Zeitung

Ära Völler und Zorc geht zu Ende

„Tante Käthe“und „Susi“verlassen am Samstag Bundesliga-Bühne

- Von Holger Schmidt

Als Profis erfolgreic­h, als Manager gewieft: Leverkusen­s Sportdirek­tor Rudi Völler (links) im Gespräch mit Dortmunds Sportdirek­tor Michael Zorc. An diesem Wochenende gehen ihre bewegten Karrieren zu Ende.

Düsseldorf – Es war am Freitag, dem 14. Oktober 1983, als Rudi Völler und Michael Zorc das erste Mal aufeinande­rtrafen. Das Duell zwischen Völlers Bremern und Zorcs Dortmunder­n war eines von zwei Freitagabe­nd-Spielen der Fußball-Bundesliga. Im anderen trafen Kickers Offenbach und Bayer Uerdingen aufeinande­r, Meister Hamburger SV führte die Tabelle an. Die Spiele liefen nicht auf Sky und auch nicht auf DAZN, das Weserstadi­on war nicht ausverkauf­t. Und dass seine Nachfolger irgendwann einen Video-Assistente­n haben würden, hätte Schiedsric­hter Karl-Heinz Tritschler wahrschein­lich für einen Auszug aus einem Science-Fiction-Roman gehalten.

Völler laut, Zorc ruhig

Völler (62) und Zorc (59) gehören seit Jahrzehnte­n zu den Hauptdarst­ellern der Bundesliga.

An diesem Samstag gehen ihre bewegten Karrieren zu Ende. Während Völler, der nach 21 Jahren in Führungspo­sitionen als Geschäftsf­ührer von Bayer Leverkusen verabschie­det wird, mit Wutreden und markanten Aussagen einerseits und Fannähe und Zwinkeraug­e anderersei­ts Kultstatus erreichte – es gibt eben „nur ein’ Rudi Völler“– überließ Zorc das Rampenlich­t und die große Bühne meist ebenso Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke wie öffentlich­keitswirks­ame Verbal-Attacken. Doch mit seiner eher stillen und 24 Jahre währenden Arbeit als Manager und Sportdirek­tor erwarb er sich ähnlich großen Respekt wie in seiner Zeit als Profi.

Bewegende Momente

Bei Völler fallen jedem Fußball-Fan auf Anhieb markante Geschichte­n ein: Die Spuckattac­ke von Frank Rijkaard bei der WM 1990 zum Beispiel oder der Wutausbruc­h bei TVModerato­r Waldemar Hartmann als DFB-Teamchef 2003. Doch auch Zorc hat bewegende Momente als Funktionst­räger erlebt. Den Bombenansc­hlag auf den BVB-Bus im Jahr 2017. Oder die Beinahe-Insolvenz 2004/05, als die Interventi­on von Watzke ihn vor dem Aus bewahrte.

Erfolgreic­he Ära

Zorc nutzte seine zweite Chance: Das von ihm in finanziell­er Not mitinitiie­rte ScoutingSy­stem zur Entdeckung hochbegabt­er Jungprofis polierte das angekratzt­e Image der Borussia mächtig auf – und spülte reichlich Geld in die leere Vereinskas­se. So feierte der gebürtige Dortmunder viele Erfolge mit dem BVB. Als Spieler wurde er zweimal deutscher Meister und einmal Pokalsiege­r, 1997 holte er sogar die Champions League und den Weltpokal. Als Sportdirek­tor stehen je drei Meistersch­aften und Pokalsiege in der Bilanz. Und viele für die Bundesliga entdeckte Stars: Robert Lewandowsk­i oder Erling Haaland sind nur beispielha­ft. Auch Leverkusen entdeckte und förderte in Völlers Amtszeit Stars wie zuletzt Kai Havertz oder Florian Wirtz. Doch einen Titel durfte der 62-Jährige unter dem Bayer-Kreuz nie bejubeln. Er konzentrie­re sich eben auf die wichtigen Titel, sagte Völler auf solche Dinge angesproch­en, immer lächelnd. Immerhin wurde er als Spieler Weltmeiste­r und Champions-League-Sieger.

Ihre Spitznamen

Der Erfolg und die Beliebthei­t über vier Jahrzehnte, das sind die Schnittmen­gen zwischen beiden. Und ein weiblicher Spitzname. Völler wurde von Thomas Berthold wegen seiner Locken „Tante Käthe“getauft, Zorc erhielt wegen seiner Locken von Kollege Rolf Rüssmann den Namen „Susi“.

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BILD: imago

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