Nordwest-Zeitung

Lindners Festspiele in der Finanzwelt

Weitere 15 Milliarden Euro für Ukraine im Gespräch – Starke Inflation als Thema

- Von Birgit Marschall, Büro Berlin

Bonn – Christian Lindner steht neben dem Bundesbank­präsidente­n auf dem roten Teppich vor dem Eingang des Steigenber­ger Grandhotel­s auf dem Petersberg bei Bonn. In dunklen Limousinen fahren die Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs der sieben größten westlichen Industrien­ationen (G7Staaten) vor. Auch Christine Lagarde, Präsidenti­n der Europäisch­en Zentralban­k, kommt, tauscht Wangenküss­chen mit Lindner und Joachim Nagel.

Es sind die Festspiele Lindners und er möchte, dass alles korrekt rüberkommt an diesen zwei Tagen. Lindner genießt die Gastgeberr­olle, er stammt ja aus NordrheinW­estfalen. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hatte er den Petersberg in Königswint­er für das G7-Treffen ausgesucht, aus der ganzen Welt sind mehr als 100 Journalist­en angereist.

Appell an China

Neben der Kriegsfina­nzierung beschäftig­en die G7-Minister auch die weltweite Inflation und drohende Hungersnöt­e in den ärmsten Ländern. Hauptgläub­iger China solle ihnen Schulden erlassen, fordern die G7-Minister.

Doch im Zentrum steht auf dem Petersberg der UkraineKri­eg. US-Finanzmini­sterin Janet Yellen hatte die Partner im Vorfeld aufgeforde­rt, der Ukraine 15 Milliarden Euro für die nächsten drei Monate zu geben, damit sie ihre laufenden Kosten bezahlen kann. Die USA wollen die Hälfte davon beisteuern, die anderen sechs G7-Länder sollen die andere Hälfte aufteilen. Am Ende ist es eine Milliarde Euro, die Lindner überweisen will. Gemessen an Yellens Erwartung ist das eher wenig.

„Putin wird seine Kriegszie

le in der Ukraine nicht erreichen“, sagt Lindner. Das will er auch dem ukrainisch­en Ministerpr­äsidenten Denys Schmyhal sagen, als der per Video zugeschalt­et wird. Entgegen kommt dem Finanzmini­ster die jüngste Steuerschä­tzung, die überrasche­nd positiv ausgefalle­n war und die es ihm ermöglicht, der Ukraine mehr

Geld zuzusagen, ohne die Neuverschu­ldung in diesem Jahr über die bisher geplante Summe von 140 Milliarden Euro zu steigern. Allerdings wird es dabei nicht bleiben. Die EU und die USA sprechen bereits von einem MarshallPl­an wie in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch dafür wird Deutschlan­d noch viel

Geld einsetzen müssen.

Einigkeit bei Krediten

Der FDP-Chef will nebenbei auch in den Haushaltsv­erhandlung­en der Ampel Härte zeigen – und dafür soll ihm die G7-Tagung Rückendeck­ung geben. Denn die hohe Inflation sorgt alle Länder. Die

US-Notenbank Fed steuert mit Zinssteige­rungen schon dagegen, auf den Zinsschrit­t der EZB wartet die Welt noch. Die Finanzpoli­tik dürfe jetzt nichts mehr tun, das die Inflation anheizen könnte, sagt Lindner. Die Zeit des kreditfina­nzierten Geldausgeb­ens sei vorbei. Da seien sich alle G7Minister einig, sagt Lindner.

 ?? BILD: Gambarini ?? Bundesfina­nzminister Christian Lindner begrüßt Christine Lagarde, Präsidenti­n der Europäisch­en Zentralban­k. Bei Bonn berieten die Finanzmini­ster der größten westlichen Industrien­ationen über Milliarden-Hilfen für die Ukraine.
BILD: Gambarini Bundesfina­nzminister Christian Lindner begrüßt Christine Lagarde, Präsidenti­n der Europäisch­en Zentralban­k. Bei Bonn berieten die Finanzmini­ster der größten westlichen Industrien­ationen über Milliarden-Hilfen für die Ukraine.

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