Rauer Ton zwischen Scholz und Merz
Kanzler-Regierungserklärung im Bundestag – Berlin hat wieder zwei politische Lager
Berlin – Sie schenken sich nichts mehr. Gut fünf Monate nach dem Antritt der AmpelRegierung hat Deutschland im Bund wieder zwei politische Lager. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP unter Kanzler Olaf Scholz auf der einen und die Union auf der anderen Seite. Den Beweis dafür liefert am Donnerstag die Replik des Oppositionsführers Friedrich Merz (CDU) auf eine Regierungserklärung des Bundeskanzlers.
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Der Kanzler
Scholz beginnt pünktlich um neun Uhr: „Uns alle eint ein Ziel: Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, die Ukraine muss bestehen“, hebt der Kanzler hervor. Erst wenn Russlands Präsident Wladimir Putin begreife, dass er die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine nicht brechen könne, „wird er bereit sein, ernsthaft über Frieden zu verhandeln“. Dafür sei es wichtig, die Verteidigungsfähigkeit zu stärken.
Scholz sichert dafür weiterhin deutsche Unterstützung zu – bei Sanktionen gegen Russland, der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter, wirtschaftlicher Hilfe und „ja, auch bei der Lieferung von Waffen einschließlich schwerem Gerät“. Details dazu nennt der SPD-Politiker allerdings nicht. Er weist darauf hin, dass diese Unterstützung in Deutschland nicht unumstritten sei. „Manchen geht die Unterstützung nicht weit genug, anderen geht sie viel zu weit.“Er wolle daher klarstellen: „Einem brutal angegriffenem Land bei der Verteidigung zu helfen, darin liegt keine Eskalation.“
An anderer Stelle wird Scholz deutlicher: Er dämpft Erwartungen auf einen schnellen Beitritt der Ukraine zur EU. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe recht, wenn er darauf hinweise, dass der Beitrittsprozess „keine Sache von ein paar Monaten oder einigen Jahren“sei.
Aus Fairness gegenüber anderen Beitrittskandidaten dürfe es „keine Abkürzungen“in die EU geben.
Als Scholz dann über die Einrichtung des von ihm angekündigten Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr spricht, wendet sich der SPDKanzler direkt an den CDUParteiund Fraktionschef. „Wir sind dazu in guten Gesprächen, auch mit Ihrer Partei, lieber Herr Merz, um das Sondervermögen fest im Grundgesetz zu verankern. Dafür bin
ich sehr dankbar“. So stellten sich Regierung und Opposition ihrer staatspolitischen Verantwortung, sagt Scholz.
Der Oppositionschef
Der angesprochene Herr Merz erweist sich dann aber als gar nicht so „lieb“, sondern greift den Kanzler an. Er sei „etwas überrascht“, dass Scholz gesagt habe, er wolle sich „nicht einreihen in eine Gruppe von Leuten“, die nur kurz für einen „Fototermin“in die Ukraine reisten. „Ich weiß nicht, wen er mit diesen ,Leuten’ gemeint
hat“, polemisiert Merz, der selbst Anfang Mai nach Kiew gereist und dort auch von Präsident Wolodymyr Selenskyj empfangen worden war.
Merz geht noch weiter und wirft Scholz ein „doppeltes Spiel“bei den Waffenlieferungen für die Ukraine vor. „Die Wahrheit ist doch, dass seit Wochen so gut wie nichts geliefert wird.“Auch der angekündigte Ringtausch von Waffen habe bislang nicht stattgefunden. „Hier wird nicht mit offenen Karten gespielt“, kritisiert Merz. Harter Tobak.
Außerdem legt der CDUVorsitzende
Kanzler Scholz erneut die Entlassung von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nahe, die zuletzt wegen eines Hubschrauberflugs mit ihrem Sohn in die Kritik geraten war. „Sie werden sich eh von dieser Ministerin trennen müssen“, sagt Merz. „Also machen Sie es bald.“
Das Verhältnis von Scholz und Merz ist derzeit zumindest angespannt. Scholz verweigert sich keinen persönlichen Gesprächen oder Nachrichten, aber sucht auch selten den direkten Draht zu Merz. Im Kanzleramt ist man der Auffassung, Merz treibe ein eher doppelzüngiges Spiel. Man traut ihm nicht. Merz wiederum wittert die derzeitige kommunikative Schwäche des Kanzlers sehr genau – und schlägt daraus Profit. Die Idee der Einbindung der Opposition in Krisenzeiten – noch ist man weit davon entfernt in Berlin.
Und so wird der Schlagabtausch der beiden Männer nicht der letzte gewesen sein.