Neuer Boom der deutschen Solarbranche
Ehrgeige Klimaziele bringen Impulse – Welche Rolle spielen Löhne und Innovationen?
Berlin – Vor zehn Jahren lag die Solarbranche in Deutschland noch am Boden. Billige Solar-Module aus Asien verdrängten die Produkte aus dem „Solar Valley“im einstigen Chemie-Dreieck der DDR. Viele Firmen, die auch mithilfe von staatlichen Beihilfen entstanden waren, mussten Insolvenz anmelden oder wurden ins Ausland verkauft. Nun sieht es völlig anders aus.
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Die aktuelle Lage
Das Geschäftsklima in der deutschen Solarwirtschaft ist so gut wie nie, weil unzählige Hauseigentümer vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und der Klimakrise auf eine Solaranlage zur Stromerzeugung oder als Heizsystem umsteigen wollen.
Das Comeback der Solarbranche lockt auch die Investoren an. Jüngstes Beispiel ist das Berliner Start-up Zolar, das am Donnerstag in einer Finanzierungsrunde über 100 MilAnlagen lionen Euro einsammeln konnte. Das 2016 gegründete Unternehmen bietet einen digitalen Konfigurator an, mit dem Kunden sich die passende Photovoltaikanlage für ihr Eigenheim entweder kaufen oder mieten können. Die Module stammen aus Deutschland, aber auch aus Südkorea oder China. Man vermittelt auch Handwerksbetriebe.
Bundesweit gab es nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft Ende 2021 rund 2,2 Millionen Solaranlagen mit einer Leistung von zusammen 59 Gigawatt Peak – das ist die übliche Einheit für die maximale Leistung der
unter Standardbedingungen. Allein 2021 kamen 235 600 Anlagen hinzu.
Bei der Umsetzung ambitionierter Ziele stoßen Zolar und die anderen Betriebe der Branche allerdings auf Hindernisse: Es gibt nicht genügend Handwerker, und die Branche kämpft mit Problemen in den Bauteile-Lieferketten, berichtete der Fachverband Elektround Informationstechnik im Fachportal haustec.de.
Trotz der Engpässe sei es der Branche aber nach Daten der Bundesnetzagentur im ersten Quartal 2022 gelungen, rund 30 Prozent mehr Solarstromanlagen zu installieren, freut sich der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solar, Carsten Körnig.
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Wichtige Faktoren
Der große Nachfrage-Schub, der sich in Ansätzen schon 2019 abgezeichnet hat, bewegte auch den Branchenriesen Meyer-Burger dazu, im großen Stil im Solar Valley in SachsenAnhalt und Sachsen zu investieren. Vor einem Jahr errichtete der Schweizer Anlagenbauer für 145 Millionen Euro zwei neue Fabriken für Solarzellen und Module.
Wichtig: Löhne sind nicht mehr entscheidend, weil Maschinen einen erheblichen Teil der Arbeit erledigen. Trotzdem entstehen im Solar Valley aber viele neue Arbeitsplätze.
Photovoltaik „Made in Germany“wurde aber auch mithilfe von technologischen Innovationen nun wettbewerbsfähig. Ein Beispiel ist eine neuartige Verbindungstechnik („Heterojunction/SmartWire“). Die Leistung steige, die Stromgestehungskosten für die Hauseigentümer würden sinken, so Meyer-Burger.
Der technische Fortschritt und die gestiegene Nachfrage ermutigen auch andere deutsche Solarunternehmen, ihre Kapazitäten auszubauen. Beispiel: Vor wenigen Monaten nahm der Photovoltaik-Hersteller Solarwatt aus Dresden die größte Produktionsanlage für sogenannte Glas-Glas-Solarmodule in Betrieb.