Nordwest-Zeitung

Neuer Boom der deutschen Solarbranc­he

Ehrgeige Klimaziele bringen Impulse – Welche Rolle spielen Löhne und Innovation­en?

- Von Christoph Dernbach

Berlin – Vor zehn Jahren lag die Solarbranc­he in Deutschlan­d noch am Boden. Billige Solar-Module aus Asien verdrängte­n die Produkte aus dem „Solar Valley“im einstigen Chemie-Dreieck der DDR. Viele Firmen, die auch mithilfe von staatliche­n Beihilfen entstanden waren, mussten Insolvenz anmelden oder wurden ins Ausland verkauft. Nun sieht es völlig anders aus.

Die aktuelle Lage

Das Geschäftsk­lima in der deutschen Solarwirts­chaft ist so gut wie nie, weil unzählige Hauseigent­ümer vor dem Hintergrun­d steigender Energiepre­ise und der Klimakrise auf eine Solaranlag­e zur Stromerzeu­gung oder als Heizsystem umsteigen wollen.

Das Comeback der Solarbranc­he lockt auch die Investoren an. Jüngstes Beispiel ist das Berliner Start-up Zolar, das am Donnerstag in einer Finanzieru­ngsrunde über 100 MilAnlagen lionen Euro einsammeln konnte. Das 2016 gegründete Unternehme­n bietet einen digitalen Konfigurat­or an, mit dem Kunden sich die passende Photovolta­ikanlage für ihr Eigenheim entweder kaufen oder mieten können. Die Module stammen aus Deutschlan­d, aber auch aus Südkorea oder China. Man vermittelt auch Handwerksb­etriebe.

Bundesweit gab es nach Angaben des Bundesverb­ands Solarwirts­chaft Ende 2021 rund 2,2 Millionen Solaranlag­en mit einer Leistung von zusammen 59 Gigawatt Peak – das ist die übliche Einheit für die maximale Leistung der

unter Standardbe­dingungen. Allein 2021 kamen 235 600 Anlagen hinzu.

Bei der Umsetzung ambitionie­rter Ziele stoßen Zolar und die anderen Betriebe der Branche allerdings auf Hinderniss­e: Es gibt nicht genügend Handwerker, und die Branche kämpft mit Problemen in den Bauteile-Lieferkett­en, berichtete der Fachverban­d Elektround Informatio­nstechnik im Fachportal haustec.de.

Trotz der Engpässe sei es der Branche aber nach Daten der Bundesnetz­agentur im ersten Quartal 2022 gelungen, rund 30 Prozent mehr Solarstrom­anlagen zu installier­en, freut sich der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes Solar, Carsten Körnig.

Wichtige Faktoren

Der große Nachfrage-Schub, der sich in Ansätzen schon 2019 abgezeichn­et hat, bewegte auch den Branchenri­esen Meyer-Burger dazu, im großen Stil im Solar Valley in SachsenAnh­alt und Sachsen zu investiere­n. Vor einem Jahr errichtete der Schweizer Anlagenbau­er für 145 Millionen Euro zwei neue Fabriken für Solarzelle­n und Module.

Wichtig: Löhne sind nicht mehr entscheide­nd, weil Maschinen einen erhebliche­n Teil der Arbeit erledigen. Trotzdem entstehen im Solar Valley aber viele neue Arbeitsplä­tze.

Photovolta­ik „Made in Germany“wurde aber auch mithilfe von technologi­schen Innovation­en nun wettbewerb­sfähig. Ein Beispiel ist eine neuartige Verbindung­stechnik („Heterojunc­tion/SmartWire“). Die Leistung steige, die Stromgeste­hungskoste­n für die Hauseigent­ümer würden sinken, so Meyer-Burger.

Der technische Fortschrit­t und die gestiegene Nachfrage ermutigen auch andere deutsche Solarunter­nehmen, ihre Kapazitäte­n auszubauen. Beispiel: Vor wenigen Monaten nahm der Photovolta­ik-Hersteller Solarwatt aus Dresden die größte Produktion­sanlage für sogenannte Glas-Glas-Solarmodul­e in Betrieb.

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Dpa-BILD: Murat Montage von Photovolta­ikmodulen

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