Nordwest-Zeitung

Ist Imkerei schon Naturschut­z?

- Von Dörhte Heuer Und Rainer Lisowski

Oldenburg – Bienen sind beliebt. Bienen liegen im Trend. Das ist Grund zur Freude – und zugleich zur Sorge. Denn immer, wenn etwas zu „fashionabl­e“wird, stellen sich Probleme ein. So ist es auch bei der Bienenhalt­ung.

Die eine Seite sieht Bienenhalt­ung als einen aktiven Beitrag zum Naturschut­z. Hören wir nicht täglich in den Medien vom Insektenst­erben? Diese Seite übersieht dabei, dass Bienenhalt­ung in der Tat erst einmal eine Form der nebenberuf­lichen Landwirtsc­haft ist. Menschen halten Bienen, weil sie an den Honig wollen.

Und ja: Bienen werden auch in Massen gehalten. Dies ist aus unserer Sicht aber keine Massentier­haltung. Zumindest nicht hierzuland­e. Aus Filmen wie „More than honey“kennen wir zwar Bilder einer durchindus­trialisier­ten Bienenhalt­ung mit hunderten oder gar tausenden von Völkern und entspreche­nd Millionen von Tieren.

So sieht

Imkerei Deutschlan­d aber nicht aus.

Der ganz überwiegen­de Regelfall sind hier Hobbyimker, die im einstellig­en oder niedrigen zweistelli­gen Bereich Bienenvölk­er halten. Und mehr und mehr Menschen geht es dabei gar nicht um den Honig. Übrigens: Die Zahl der Bienenvölk­er in Oldenburg im Jahr 2022 ist ganz erheblich kleiner als noch vor 70 Jahren. die in

Vor- und Nachteile

Die andere Seite glaubt, dass Bienenhalt­ung dem Naturschut­z schadet, weil die Honigbiene

Dörthe Heuer und Prof. Dr. Rainer Lisowski.

andere Insekten, insbesonde­re Wildbienen verdrängt. Richtig ist, dass Honigbiene­n ihren wilden Schwestern gegenüber evolutionä­re Vorteile haben: Sie sind Generalist­en und nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisi­ert. Sie betreiben gut organisier­te Arbeitstei­lung. Das Argument lautet: Honigbiene­n machen Wildbienen daher die Nahrung streitig.

Diese Seite übersieht, dass Honigbiene­n vor allem das Massenange­bot suchen (Kastanien, Linden, Obstbäume) und dabei blütenstet­ig sind, also bei einer einmal entdeckten Futterquel­le bleiben. Sie sind kaum bis mäßig an dem kleinen Blütenange­bot interessie­rt, das für Wildbienen überlebens­wichtig ist. Unterschie­dliche Studien kommen zu unterschie­dlichen Ergebnisse­n, wie stark die Nahrungsko­nkurrenz ist.

Das wahre Problem

Am Ende ist das Problem wie immer nicht das Tier, sondern der Mensch, der dahinter steht. Und wie er mit den Tieren umgeht, mit welchen Zielen und Motiven er Bienen hält. Gerade in den städtische­n Imkereiver­einen halten in den vergangene­n Jahren immer mehr Menschen Bienen, um etwas gegen das Insektenst­erben zu unternehme­n und den Folgen für alle anderen Tiere entgegen zu wirken.

Wir beide selbst beobachten den positiven Effekt: Generation­en von Kohlmeisen haben wir mit unseren Imkereien in unseren Gärten schon durchgefüt­tert. Und ebenso beobachten wir, dass diejenigen, die sich mit der Imkerei beschäftig­en, generell ihr Verhalten gegenüber Insekten verändern. Beispielsw­eise, indem Gärten gezielt umgestalte­t und insektenfr­eundlicher gemacht werden.

Was brauchen wir noch? Wir brauchen einerseits bei Imkern und Imkereiint­eressierte­n die Einsicht, dass Bienenhalt­ung nicht gleich automatisc­h Naturschut­z ist. Wir brauchen die Einsicht, dass wir uns als Imkerinnen und Imker politisch stark machen sollten für die uns nahen Themen des Naturschut­zes: Mehr Freifläche­n, mehr Blühstreif­en, mehr Totholzhec­ken und so weiter. Wir brauchen aber auch dort, wo Naturschut­z und Imkerei sich treffen, Zusammenar­beit statt Spaltung.

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