Ist Imkerei schon Naturschutz?
Oldenburg – Bienen sind beliebt. Bienen liegen im Trend. Das ist Grund zur Freude – und zugleich zur Sorge. Denn immer, wenn etwas zu „fashionable“wird, stellen sich Probleme ein. So ist es auch bei der Bienenhaltung.
Die eine Seite sieht Bienenhaltung als einen aktiven Beitrag zum Naturschutz. Hören wir nicht täglich in den Medien vom Insektensterben? Diese Seite übersieht dabei, dass Bienenhaltung in der Tat erst einmal eine Form der nebenberuflichen Landwirtschaft ist. Menschen halten Bienen, weil sie an den Honig wollen.
Und ja: Bienen werden auch in Massen gehalten. Dies ist aus unserer Sicht aber keine Massentierhaltung. Zumindest nicht hierzulande. Aus Filmen wie „More than honey“kennen wir zwar Bilder einer durchindustrialisierten Bienenhaltung mit hunderten oder gar tausenden von Völkern und entsprechend Millionen von Tieren.
So sieht
Imkerei Deutschland aber nicht aus.
Der ganz überwiegende Regelfall sind hier Hobbyimker, die im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich Bienenvölker halten. Und mehr und mehr Menschen geht es dabei gar nicht um den Honig. Übrigens: Die Zahl der Bienenvölker in Oldenburg im Jahr 2022 ist ganz erheblich kleiner als noch vor 70 Jahren. die in
Vor- und Nachteile
Die andere Seite glaubt, dass Bienenhaltung dem Naturschutz schadet, weil die Honigbiene
Dörthe Heuer und Prof. Dr. Rainer Lisowski.
andere Insekten, insbesondere Wildbienen verdrängt. Richtig ist, dass Honigbienen ihren wilden Schwestern gegenüber evolutionäre Vorteile haben: Sie sind Generalisten und nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Sie betreiben gut organisierte Arbeitsteilung. Das Argument lautet: Honigbienen machen Wildbienen daher die Nahrung streitig.
Diese Seite übersieht, dass Honigbienen vor allem das Massenangebot suchen (Kastanien, Linden, Obstbäume) und dabei blütenstetig sind, also bei einer einmal entdeckten Futterquelle bleiben. Sie sind kaum bis mäßig an dem kleinen Blütenangebot interessiert, das für Wildbienen überlebenswichtig ist. Unterschiedliche Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, wie stark die Nahrungskonkurrenz ist.
Das wahre Problem
Am Ende ist das Problem wie immer nicht das Tier, sondern der Mensch, der dahinter steht. Und wie er mit den Tieren umgeht, mit welchen Zielen und Motiven er Bienen hält. Gerade in den städtischen Imkereivereinen halten in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen Bienen, um etwas gegen das Insektensterben zu unternehmen und den Folgen für alle anderen Tiere entgegen zu wirken.
Wir beide selbst beobachten den positiven Effekt: Generationen von Kohlmeisen haben wir mit unseren Imkereien in unseren Gärten schon durchgefüttert. Und ebenso beobachten wir, dass diejenigen, die sich mit der Imkerei beschäftigen, generell ihr Verhalten gegenüber Insekten verändern. Beispielsweise, indem Gärten gezielt umgestaltet und insektenfreundlicher gemacht werden.
Was brauchen wir noch? Wir brauchen einerseits bei Imkern und Imkereiinteressierten die Einsicht, dass Bienenhaltung nicht gleich automatisch Naturschutz ist. Wir brauchen die Einsicht, dass wir uns als Imkerinnen und Imker politisch stark machen sollten für die uns nahen Themen des Naturschutzes: Mehr Freiflächen, mehr Blühstreifen, mehr Totholzhecken und so weiter. Wir brauchen aber auch dort, wo Naturschutz und Imkerei sich treffen, Zusammenarbeit statt Spaltung.