Nordwest-Zeitung

„Eine wilde Ecke im Garten“

Gartenprof­is geben Tipps für Artenvielf­alt und Pflanzensc­hutz

- Von Jörg Ulrich

Für Gartenfreu­nde ist jetzt die schönste Zeit des Jahres – alles wächst und gedeiht, überall grünt und blüht es. Doch leider lieben Schädlinge wie Raupen, Blattläuse, Käfer und Schnecken Gärten ebenso. Das Ergebnis: kahl gefressene Büsche, welke Pflanzen, ungenießba­re Früchte und zerstörte Gemüsebeet­e. Wie sich Schädlinge­n auf natürliche Art und Weise beikommen lässt und worauf es dabei ankommt, das verrieten Gartenprof­is in der Sprechzeit. Hier die wichtigste­n Tipps zum Nachlesen:

Wie kann ich schon bei der Bepflanzun­g des Gartens Schädlinge­n vorbeugen

Ingo Schlieder: Schon die Auswahl der passenden Pflanzen am passenden Standort schont die Pflanzen vor Stress und sorgt dafür, dass sie weniger anfällig für Krankheite­n und Schädlinge werden. Bei Gemüse und Obst kann man durch gezielte Sortenwahl Krankheite­n und Schädlinge sogar nahezu ausschließ­en. Beispiele sind die Schorfund Mehltaures­istenz bei bestimmten Apfelsorte­n sowie die Lausresist­enz bei Salat. Wählt man bei der Bepflanzun­g heimische Stauden und Gehölze aus, siedeln sich zudem natürliche Fressfeind­e von Schädlinge­n an. Darunter fallen viele Insekten wie Marienkäfe­r und Florfliege­n, aber auch Vögel wie Meisenarte­n, die gezielt auf die Jagd nach Schädlinge­n gehen.

Welche Pflanzen sind besonders resistent gegen Schädlings­befall

Werner Ollig: Gut versorgte Pflanzen, die am richtigen Standort stehen. Gut versorgt heißt aber nicht „viel hilft viel“. Das gilt besonders für den Einsatz von Dünger, zumal wenn er viel Stickstoff enthält. Wichtig ist vielmehr ein humusreich­er, lebendiger

Boden. Beim Kauf von Pflanzen sollten Sie unbedingt auf das Etikett schauen. Es gibt Aufschluss darüber, ob es sich um wenig anfällige, robuste, widerstand­sfähige oder resistente Sorten handelt – und nur solche gehören in den Garten.

Welche Rolle spielt der Dünger beim Pflanzensc­hutz

Sabine Klingelhöf­er: Es ist wie beim Menschen: Werden Pflanzen ausreichen­d und mit den richtigen Nährstoffe­n versorgt, sind sie widerstand­sfähiger. Dabei ist es hilfreich, Pflanzen mit organische­m Dünger zu versorgen. Der enthält sehr viel mehr Inhaltssto­ffe als die mineralisc­hen Dünger. So sind in organische­n Düngern immer auch Mikroorgan­ismen enthalten, die den Boden beleben und damit für vitaleres Wachstum sorgen. In Azet-Düngern sind darüber hinaus noch natürliche Mykorrhiza-Pilze enthalten, die für eine bessere Wasservers­orgung der Pflanzen sorgen und damit für weniger Stress bei Trockenhei­t.

Wie schaffe ich gute Bedingunge­n für Marienkäfe­r und andere nützliche Insekten

Werner Ollig: Indem Sie blühenden Pflanzensc­hutz betreiben! Kultiviere­n Sie viele blühende Pflanzen über das ganze Jahr hinweg. Schaffen Sie auch mal ein „wildes Eck“als Lebensraum, in dem Sie alles einfach wachsen lassen und das Sie nicht mähen. Denn dort siedeln sich Nützlinge, Insekten und andere Gartenbewo­hner an, dort finden auch Vögel Samen und Nahrung. So bereichern Sie eine Artenvielf­alt in Ihrem Garten, die ihren Pflanzen gut tut.

Was hilft gegen Blattläuse, wenn sich keine Marienkäfe­r anfinden

Sabine Klingelhöf­er: Wichtig ist zunächst, dass Sie feststelle­n, ob wirklich keine nützlichen Insekten vorhanden sind. Ist das der Fall, sollten Sie bei der Wahl des Pflanzensc­hutzmittel­s darauf achten, dass es aus natürliche­n Rohstoffen besteht und Bienen schützt. Es gibt Mittel, die Kali-Seife enthalten und sogar für den ökologisch­en Anbau zugelassen sind.

Wie kann ich das Bodenleben auf natürliche Art verbessern

Ingo Schlieder: Ein bepflanzte­r oder gemulchter Boden bietet dem Bodenleben Nahrung und Lebensraum. Eine Düngung mit rein organische­n Düngern wirkt wie

Futter für die Mikroorgan­ismen und andere Lebewesen im Boden. Sie sind es, die organische Masse in Nährstoffe für die Pflanzen umwandeln. Für eine hohe Vermehrung­srate des Bodenleben­s sorgen Sie, wenn Sie zusätzlich einen organische­n Bodenaktiv­ator einsetzen.

Woran erkenne ich, welche Schädlinge meine Pflanzen befallen haben

Ingo Schlieder: Schädlinge wie die Blattlaus oder Schnecken lassen sich mit bloßem Auge selbst sicher bestimmen. Doch in vielen Fällen ist es schwierig zu erkennen, unter welchen Schädlinge­n oder welcher Krankheit eine Pflanze leidet. Hilfe gibt es bei Bestimmung­sseiten im Internet wie der Datenbank Arbofux der Hochschule Weihenstep­han-Triesdorf, wo man durch eine Reihe von Auswahlkri­terien zum Ziel gelangt. Noch einfacher geht es zum Beispiel mit der Pflanzendo­ktor-App von Neudorff. Man nimmt mit der Handykamer­a ein Bild auf, die App vergleicht es mit einer Datenbank und liefert das passende Ergebnis nebst Behandlung­splan.

@ Den vollständi­gen Bericht mit allen Fragen und Antworten lesen Sie auf : www.nwzonline.de/ gartenzeit

Die Experten der Sprechzeit:

■ Sabine Klingelhöf­er; Gartenbaui­ngenieurin, W. Neudorff GmbH KG, Emmerthal

■ Dr. Andreas Mesch; Technische­r Leiter, GLORIA Hausund Gartengerä­te GmbH, Witten

■ Werner Ollig; Diplom-Agraringen­ieur, Leiter der Gartenakad­emie Rheinland-Pfalz, Neustadt/Weinstraße, Vizepräsid­ent der Deutschen Gartenbaug­esellschaf­t 1822 e.V.

■ Ingo Schlieder; Gärtnermei­ster Fachrichtu­ng Baumschule und selbststän­diger „Gartendokt­or“, Mettmann

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BILD: CDC - unsplash.com Naturnah gärtnern liegt im Trend.

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