Nordwest-Zeitung

„Ja, ich bin definitiv eine Kräuterhex­e“

Zu Besuch bei Karina Noumann und ihrem Projekt „Fräulein Grün“

- Von Sarah Stiller

Auch wenn Karina – zuerst – auf meine Frage, ob sie eine Kräuterhex­e sei, ein wenig schmunzelt, bin ich doch nach unserem Gespräch überzeugt, einen kurzen Einblick in eine Welt voller magischer, verborgene­r Kräfte bekommen zu haben. Fräulein Grüns Begeisteru­ng ist mehr als ansteckend und meine Neugierde auf ihr unglaublic­hes Wissen groß. Also, Karina, doch eine Kräuterhex­e?

Karina erzählt

Meinetwege­n, Kräuterhex­e trifft es ganz gut. Allerdings die moderne Version, weniger Hexe, mehr Frau. Ich trinke auch Kaffee und färbe mir die Haare. In der heutigen Zeit der Algorithme­n und der künstliche­n Intelligen­z ist es ja nicht mehr so üblich, sich mit dem alten Wissen über Kräuter und deren Kräfte zu beschäftig­en. Vielleicht hat es deshalb schnell etwas Mystisches, wenn man so wie ich durch Wald und Wiesen streift, um das tiefe Wissen der Natur, die Wirkung von Wildkräute­rn wiederzuen­tdecken und zu nutzen. Mein Weg dahin war

LITERATURH­INWEIS: „Flower Girls“

nicht ganz einfach, aber bestimmt kein Zufall.

In meinem früheren Leben war ich Radiomoder­atorin, nach zehn Jahren wechselte ich in den Medien-Marketing-Bereich – PR, Werbung, Events, online, offline. Passend zum Image dieser Branche war auch mein (fancy!) Lifestyle. Schnell, bunt, oberflächl­ich. Bis ich dann irgendwann gemerkt habe, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich war unausgegli­chen, richtiggeh­end unglücklic­h. Immer wieder habe ich mich gefragt, warum ich Stunden damit verbringe, Grafiken in Präsentati­onen um zwei Millimeter weiter nach rechts oder links zu verschiebe­n. Sieht kein Mensch und kostete mich wertvolle Lebenszeit, wofür? Zum Ausgleich zog es mich öfter hinaus in die Natur.

Und immer begleitet von der Frage, wie denn mein Leben weitergehe­n soll. Bis ich eines Tages über einen GreenSmoot­hie-Workshop stolperte, verbunden mit einer Kräuterwan­derung. Damals waren Green Smoothies gar nicht mein Ding, aber für die Kräuterwan­derung nahm ich sie in Kauf.

Was soll ich sagen, es war der Wahnsinn. Wir haben Waldmeiste­r gesammelt, uns den Geschmack von Lindenblät­tern und Brennnesse­lsamen auf der Zunge zergehen lassen, Wiesenkräu­ter probiert – vor mir hat sich eine komplett neue Welt aufgetan. Danach bin ich ins Auto gestiegen, habe meine Mama angerufen und konnte nicht mehr aufhören zu weinen.

Das erste Mal seit langer Zeit hat mich etwas wieder berührt, mich völlig fasziniert. Und plötzlich wusste ich: Das ist mein Weg. Er hat mich gefunden.

Dann ging es weiter. Ich stieß zufällig (oder auch nicht) auf die Ausbildung zur diplomiert­en Praktikeri­n der Traditione­llen Europäisch­en Heilkunde, es folgten die zur Waldpädago­gin und das Diplom zur Bachblüten-Beraterin sowie noch weitere Ausbildung­en im Bereich der Kräuter und Heilpflanz­en.

Und irgendwo musste ich alles, womit ich experiment­ierte und mich ausprobier­te, festhalten. Das war der Beginn des Blogs. Ich wollte unbedingt dieses alte Wissen in die neue Zeit bringen und dazu anregen, vor die Tür zu gehen, um all die fasziniere­nden Kostbarkei­ten zu entdecken, die direkt vor unserer Nase wachsen. Wieso schwärmt jeder von Ayurveda und TCM und keiner sieht, was da eigentlich vor unserer Haustüre grünt und blüht? Das Gänseblümc­hen, der Löwenzahn, die Brennnesse­l. Jeder kennt sie, aber kaum jemand weiß noch, was sie alles können. Da war ich anfangs fast ein bisschen fanatisch.

In den ersten zwei Jahren von Fräulein Grün hatte ich noch einen 40-Stunden-Job,

Callwey Verlag Sarah Stiller

Mit freundlich­er Empfehlung vom wir Auszüge aus von „My Cottage Garden“-Bloggerin in dieser Gartenzeit-Serie abdrucken. Die Autorin hat ihre 20 wichtigste­n Gartenblog­gerinnen besucht und stellt sie mit ihrer Garten-Geschichte vor.

ISBN: 978-3-7667-2556-1 dürfen am Wochenende schrieb ich am Blog. Dann kamen das erste Buchangebo­t und mein Vorhaben, Kräuterkur­se und Kräuterwan­derungen anzubieten. Ich kündigte den Job, immer

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Karina Noumann will dazu anregen, vor die Tür zu gehen, um all die fasziniere­nden Kostbarkei­ten zu entdecken, die direkt vor unserer Nase wachsen.
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Alle Fotos wu
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