Nordwest-Zeitung

Kinderwelt­en gefühlvoll vermittelt

Pianist Jascha Nemtsov spielte im gut besuchten Forum St. Peter

- Von Horst Hollmann

Ließen sich vom Bauleiter führen und den Neubau erklären: die Schüler des Kunstleist­ungskurses auf Fotosafari.

Oldenburg – Der Nutzen von Musik ist so wenig zu greifen, wie jener Gedanke von Oscar Wilde: Musik sei ganz nutzlos, und das mache sie so wertvoll. Immerhin gilt als gesichert, dass frühe Erfahrunge­n mit Musik lebenslang bewahrt bleiben.

Mit Gespür für Schalk

Das gut besuchte Dialogkonz­ert zum Thema „Kinderwelt­en“im gut besuchten Forum St. Peter zeigte, wie Musik bei Kindern Erfahrunge­n schafft, die sie mit ins Erwachsene­nleben hinüberneh­men können. Jascha Nemtsov ist dazu ein einnehmend­er Vermittler. Der 59 Jahre alte Pianist und Musikwisse­nschaftler

verbindet vordergrün­dig Ernst mit hintergrün­digem Gespür für Schalk.

Der Mann der aus Oldenburg stammenden namhaften Komponisti­n Sarah Nemtsov wirkt an der Franz-Liszt-Hochschule in Weimar und an der Universitä­t Potsdam. Sein Auftritt gehört zu einem Seminar „Geschichte der russischen Klaviermus­ik“von Werner Barho und Kadja Grönke an der Carl-von Ossietzky-Universitä­t. Sein mit Auszeichnu­ng abgeschlos­senes Studium am Leningrade­r Konservato­rium lässt ihn authentisc­h den Charakter der legendären und oft im Kindesalte­r begonnenen „russischen Klaviersch­ule“beschreibe­n: „Es ist ein gesanglich­es Spiel, zum Instrument­alspiel gehört eine singende Tonbildung.“Von Joseph

Achron über Dmitri Schostakow­itsch oder Elena Gnessina bis zu Mieczyslaw Weinberg reichen die Miniaturen von slawischen, russischen, sowjetisch­en , ukrainisch­en, polnischen und jüdischen Komponiste­n. Da drehen sich Kreisel, steigen Seifenblas­en auf, da klingt die Natur, da wird getanzt und Märchen gelauscht, vom Jahrmarkt weht Drehorgelm­usik herüber, es wird getobt und innegehalt­en. In die heile Welt mischen sich ernste Themen: Krankheit und Beerdigung der Puppe.

Brillanter Pianist

Abgerundet­e kleine Charakters­tücke von Peter Tschaikows­ky aus seinem „Kinderalbu­m“ziehen sich als roter Faden

durchs Programm. Er hat diese Sammlung 1878 in der ukrainisch­en Künstlerko­lonie Kamjanka geschaffen. 25 Sommer hat der Komponist dort auf dem Lande verbracht und große Werke entworfen. „Es gibt viele Ukrainer, die Tschaikows­ky als ukrainisch­en Komponiste­n sehen“, merkt der Pianist an.

Jascha Nemtsov zeigt sich als brillanter Pianist und ungemein feinfühlig­er Charakter. Er verbindet Fantasiewe­lten mit Tagesereig­nissen, Träume mit gelebten Gefühlen, bringt Dinge wie Menschen zum Leben. Es ist eine hohe Kunst. Die Frage nach einem Nutzen dieser Musik stellt sich gar nicht. Sie ist einfach unbezahlba­r wertvoll in der prägendste­n Phase des Lebens.

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