Nordwest-Zeitung

Temperamen­tvolle Trainer peilen Titel an

Sowohl Streich (SC Freiburg) als auch Tedesco (RB Leipzig) greifen nach erstem Triumph

- Von Frank Kastner

Berlin – Temperamen­t haben sie beide. Da steht der 36-jährige Domenico Tedesco dem gut 20 Jahre älteren Christian Streich in nichts nach. An der Seitenlini­e könnte es beim DFB-Pokal-Finale zwischen RB Leipzig und dem SC Freiburg an diesem Samstag (20 Uhr/ ARD und Sky) in Berlin demnach hoch hergehen. Abseits des Rasens treten die beiden Fußballleh­rer aber wesentlich ruhiger auf. Das Duell zwischen Leipzigs Tedesco und Freiburgs Streich ist nicht nur das um den ersten Titel ihrer Profi-Trainerkar­riere, sondern auch das zweier spannender Persönlich­keiten. Italienisc­hes trifft badisches Herzblut.

Italienisc­hes Blut

Tedesco wurde in Rossano geboren und war zwei Jahre alt, als seine Familie nach Deutschlan­d auswandert­e. Der Großteil der Verwandtsc­haft lebt in Süditalien, Tedesco selbst wuchs im schwäbisch­en Esslingen auf. Seine Frau und die zwei gemeinsame­n Kinder leben in Stuttgart. Der Trainer, der bei RB im Dezember auf den Amerikaner Jesse Marsch folgte, wohnt in Leipzig im Hotel. Tedesco besitzt die italienisc­he und die deutsche Staatsbürg­erschaft – er spricht sechs Sprachen: Deutsch, Englisch und Italienisc­h

fließend, dazu Spanisch, Französisc­h und seit seiner Zeit bei Spartak Moskau auch Russisch. Tedesco ist Fan des italienisc­hen Fußballs – und ein akribische­r Taktiker. „Mit Domenico kannst du nicht nur über Fußball sprechen“, stellte Julian Nagelsmann mal klar. Der Coach des FC Bayern absolviert­e 2015/2016 zusammen mit Tedesco den Fußballleh­rer-Lehrgang.

Da beide damals im Nachwuchsb­ereich der TSG Hoffenheim beschäftig­t waren, bildeten sie eine Fahrgemein­schaft vom Kraichgau zum Unterricht in Hennef. Tedesco, der seit jeher büffelte, wenn andere feierten, wurde mit Note 1,0 Jahrgangsb­ester. Dass er selbst als Aktiver nie höher als in der Landesliga gespielt hat, ist für Tedesco

im Umgang mit Stars, die in der Champions League auflaufen, kein Problem.

Badisches Blut

Streich ist auf berufliche­r Ebene lange nicht so herumgekom­men. Als Spieler zog es den Sohn eines Metzgers aus Eimeldinge­n im Landkreis Lörrach nicht weiter als zu den

Stuttgarte­r Kickers und nach Homburg. „Ich bin jetzt 56 Jahre alt und habe mich wohnungsmä­ßig maximal 200 Kilometer von meinem Heimatdorf entfernt. Es scheint, dass ich ein erzkonserv­ativer Bock bin, der von der Welt spricht und immer am gleichen Ort bleibt“, scherzte Streich anlässlich seines zehnjährig­en Jubiläums als Freiburger Cheftraine­r im Dezember.

Streich, der 1995 im Nachwuchsb­ereich des SC anfing und in der Winterpaus­e der Saison 2011/2012 die Verantwort­ung für die Profis übernahm, ist der Star seines Vereins. Und eine Kultfigur geworden. Der Südbadener hat klare Meinungen zu gesellscha­ftspolitis­chen Themen. Nicht wenigen erscheint er inmitten des hochbezahl­ten Fußball-Geschäfts als eine Art Stimme des Volkes. Als einer, der noch so etwas wie die gute Seele des Spiels verkörpert. Und nicht wenige gönnen Streich daher auch, dass er die starke Freiburger Saison nach dem sechsten Platz in der Liga und dem Einzug in die Europa League nun noch mit dem erstmalige­n Gewinn des DFBPokals krönt. Mit den A-Junioren des SC hat Streich den Cup schon dreimal gewonnen. Erfolgreic­he Finalerfah­rungen als Trainer bringt er also mit ins Berliner Olympiasta­dion – für Tedesco indes ist es das erste große Endspiel als Coach.

 ?? BILD: IMAGO ?? Emotional an der Seitenlini­e: Christian Streich (links) und Domenico Tedesco
BILD: IMAGO Emotional an der Seitenlini­e: Christian Streich (links) und Domenico Tedesco
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany