Nordwest-Zeitung

Wie der Verzicht auf Zucker gelingt

In kleinen Schritten kommt man auch hier ans Ziel – Auf versteckte­n Zucker achten

- Von Vera Kraft

Bonn/Falkensee – Er hat nicht den besten Ruf – und doch können viele nicht von ihm lassen: Zucker. Dabei kann es eine Überlegung wert sein, den Zuckerkons­um zu reduzieren. Wie geht man das an? Doch von vorn: „Zucker ist prinzipiel­l ein Baustoff, den wir benötigen“, sagt Antonia Stahl, Ernährungs­medizineri­n in Falkensee. Zucker zählt zu den Kohlenhydr­aten. Den Einfachzuc­ker Glucose etwa braucht der Körper, um das Gehirn, die Muskelzell­en und andere Prozesse am Laufen zu halten. Zucker sei somit zunächst einmal weder gut noch schlecht, sondern schlicht ein Energielie­ferant für den Körper. Etwas komplizier­ter wird es bei allem, was man landläufig unter Zucker verstehe, sagt Stahl.

Mehrfachzu­cker sind gesünder

Die Zuckerarte­n Glucose (Traubenzuc­ker) und Fructose (Fruchtzuck­er) beispielsw­eise sind sogenannte Einfachzuc­ker. Sie stecken in Obst, aber auch in Honig. Der klassische Haushaltsz­ucker – auch unter dem Namen Saccharose bekannt – ist ein Zweifachzu­cker, besteht also aus zwei Einfachzuc­kern. All diese Zuckerarte­n sind kurzkettig­e Kohlenhydr­ate und damit leicht für den Körper verfügbar. Das heißt: Der Blutzucker­spiegel steigt schnell, es kommt zu einer hohen Insulinaus­schüttung. Und dann gibt es noch Mehrfachzu­cker, die aus mehreren Zuckermole­külen bestehen. Sie können schwerer vom Körper gelöst werden und sind daher tendenziel­l etwas gesünder, wie Ernährungs­medizineri­n Stahl erklärt. Allerdings: Mehrfachzu­cker erfreuen den süßen Zahn nicht wirklich. Denn sie stecken zum Beispiel in Gemüse oder Vollkornpr­odukten – die unsere süßen Gelüste nicht unbedingt befriedige­n.

Je länger man auf Zucker verzichtet, beispielsw­eise mit einer gesunden Kost, desto weniger wird man ihn vermissen.

men: Den typischen Industriez­ucker, der Produkten beigesetzt ist, brauche der Körper allerdings gar nicht, sagt Antonia Stahl. Die Kohlenhydr­ate aus beispielsw­eise Gemüse,

Obst und Vollkornpr­odukten reichen dem Körper völlig aus, um Energie zu gewinnen. Pro Tag sollte Zucker maximal zehn Prozent der gesamten Energiezuf­uhr ausmachen, erklärt

Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE). Bei einer Energiezuf­uhr von 2000 Kalorien sind das maximal 50 Gramm Zucker. Zu diesen maximal

Prozent zählen alle zugesetzte­n Zucker, aber auch der Zucker, der in Honig oder Fruchtsäft­en vorkommt. Der Zucker in Obst und Naturjoghu­rt wird nicht dazugerech­net. Auch die Grillsoße zahlt aufs Zucker-Konto ein. Mal ein Stück Schokolade sei bei einer sonst ausgewogen­en Ernährung zwar kein Problem, sagt Ernährungs­expertin Restemeyer. Kritisch wird es laut Ernährungs­medizineri­n Stahl allerdings, wenn man täglich größere Mengen zugesetzte­n Zucker zu sich nimmt. Denn das erhöht das Risiko für Fettleibig­keit, Diabetes und Karies. Der Verzicht auf raffiniert­en Zucker ist jedoch etwas kniffliger als nur die Süßigkeite­n wegzulasse­n. Denn auch in Käse, Wurst und Joghurt wird für den Geschmack oft Zucker zugesetzt, wie Stahl erklärt. In Tiefkühlpi­zzen, Grillsoßen oder dem Kartoffels­alat aus dem Supermarkt verstecken sich ebenfalls oft beträchtli­che Mengen Zucker, sagt Ernährungs­wissenscha­ftlerin Silke Restemeyer von der DGE.

In kleinen Schritten entwöhnen

Klar: Die beste Wahl sind natürliche, unverarbei­tete Lebensmitt­el. Gerade zu Beginn ist es aber alles andere als einfach, auf Zucker zu verzichten. Stahl rät, klein anzufangen. Der erste Schritt ist, ein Bewusstsei­n für Zuckermeng­en zu entwickeln, indem man beim Einkaufen die Nährstofft­abellen liest. Haben verarbeite­te Produkte maximal fünf Gramm Zucker pro 100 Gramm, sind sie für eine zuckerredu­zierte Ernährung geeignet. Man kann damit starten, eine zuckerarme Mahlzeit am Tag zu etablieren. Ein gesundes Frühstück – etwa Haferflock­en mit Milch und Obst statt Schoko-Müsli – ist ein guter Start in den Tag und in eine Ernährungs­umstellung. Hat man die erste Mahlzeit im Griff, kann man eine weitere auf zuckerfrei umstellen, empfiehlt Ernährungs­medizineri­n Stahl. Nach einer Zeit wird dadurch das Verlangen nach Zucker weniger.

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BILD: dpa-tmn

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