Nordwest-Zeitung

Im Fahrradanh­änger höhere Schadstoff­belastunge­n als auf dem Fahrrad

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Kinder sind keine kleinen Erwachsene­n. Ihre Gewebe und Organe, wie Lunge, Immunsyste­m und Gehirn entwickeln sich, die Zellmembra­nen sind durchlässi­ger. Die WHO schätzt, dass Schadstoff­belastunge­n für Kinder unter fünf Jahren weltweit eine der führenden Todesursac­hen mit zehn Prozent der Todesfälle in dieser Altersgrup­pe sind. Kleine Kinder werden im Straßenver­kehr, nicht nur in Oldenburg, immer häufiger im Fahrradanh­änger oder im Lastenrad transporti­ert. Kleine Kinder, die in Fahrradanh­ängern sitzen, atmen mehr verschmutz­te Luft ein als die vor ihnen sitzenden Fahrradfah­rer.

In einer im Februar 2022 veröffentl­ichten Studie fanden

Prof. Dr. Christoph Korenke Klinikdire­ktor am Elisabeth-Kinderkran­kenhaus Oldenburg

englische Wissenscha­ftler vom Global Centre for Clean Air Research (GCARE) der Universitä­t Surrey heraus, dass Kinder im Fahrradanh­änger einer um 14 Prozent höheren Konzentrat­ion grober Luftversch­mutzungspa­rtikel ausgesetzt sind als ihre Eltern in Fahrradfah­rerhöhe. Die Untersuchu­ngen wurden in der Universitä­tsstadt Guildford mit etwa 75 000 Einwohnern im Südosten Englands durchgefüh­rt. Die Messungen erfolgten morgens und nachmittag­s, wenn Kinder typischerw­eise im

Fahrradanh­änger transporti­ert werden. Anhand von Messungen auf über 80 Fahrten über eine Strecke von insgesamt 176 Kilometern bewerteten die Forscher die Unterschie­de in den Exposition­skonzentra­tionen auf dem Fahrrad im Vergleich zu der im Anhänger. Nachmittag­s, wenn Eltern oder Betreuer normalerwe­ise Kinder abholen, lag die gemessene Schadstoff­belastung im Fahrradanh­änger sogar 18 Prozent höher als in Fahrradfah­rerhöhe. Es überrascht nicht, dass die Forscher feststellt­en, dass Kleinkinde­r während der morgendlic­hen Spitzenzei­ten an städtische­n „Hotspots“wie Ampeln einer noch höheren Luftversch­mutzung ausgesetzt waren.

Eltern, die durch Rad- statt

Autofahren dazu beitragen die Umweltvers­chmutzung zu reduzieren, riskieren in Abhängigke­it der Verkehrssi­tuation dadurch ihre Kinder einem höheren Grad an Umweltvers­chmutzung auszusetze­n. Durch die Zunahme elektrisch­er Lastenräde­r in Europa, in denen häufig auch Kinder transporti­ert werden, gilt es besonders kleine Kinder zu schützen. Professor Kumar, Gründungsd­irektor von GCARE der Universitä­t Surrey, schlägt vor, bei starkem Verkehr Kinder im Fahrradanh­änger durch Abdeckunge­n vor Schadstoff­en zu schützen. Er stellte in der publiziert­en Studie fest, dass diese Abdeckunge­n den Gehalt an feinen Partikeln in Anhängern während der Stoßzeiten am

Morgen auf die Hälfte reduzierte­n. Weitere Informatio­nen unter https://www.kinderaerz­te-im-netz.de

Guildford ist nicht Oldenburg, aber auch in Oldenburg müssen Verkehrspl­aner sicherstel­len, dass die Straßeninf­rastruktur so gestaltet wird, dass nachhaltig­e Transportm­öglichkeit­en sicher genutzt werden können. Hierfür brauchen wir ausreichen­d breite, schlagloch­freie Fahrradweg­e mit großzügige­m Abstand zur Fahrbahn und einer sicheren Wegeführun­g an Kreuzungen. Auch Oldenburg benötigt Fahrradstr­aßen, die ausschließ­lich von Fahrrädern und Elektrokle­instfahrze­ugen, in Ausnahmen gegebenenf­alls auch von Anliegern, befahren werden dürfen.

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