Nordwest-Zeitung

FDP-Vize setzt sich für Altkanzler ein

Kubicki sieht keinen Bedarf an Niederlegu­ng weiterer Posten – SPD widerspric­ht

- Von Fatima Abbas Und Christian Andresen

Berlin – Auf Bundeseben­e herrscht Uneinigkei­t über den weiteren Umgang mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) nach dessen Entscheidu­ng, seinen Aufsichtsr­atsposten beim russischen Energiekon­zern Rosneft niederzule­gen. FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki wies am Wochenende Forderunge­n zurück, Schröder solle weitere Jobs bei russischen Unternehme­n abgeben. „Es bedarf keiner weiteren Maßnahme, weder des Ex-Kanzlers noch des Deutschen Bundestage­s“, sagte Kubicki, der auch Bundestags­vizepräsid­ent ist, den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe (Online Sonntag, Print Montag). „Konsequenz­en sind verständli­ch und nachvollzi­ehbar, die Grenze zur Demütigung sollte aber nicht überschrit­ten werden“, meinte er.

SPD-Aufruf

Er widersprac­h damit unter anderen Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD). Dieser hatte Schröder aufgeforde­rt, nach der Niederlegu­ng des Aufsichtsr­atspostens bei Rosneft weitere Tätigkeite­n für Unternehme­n aus Russland einzustell­en. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass es jetzt bei einem passiert, und die anderen müssen auch noch folgen“, sagte Scholz am Samstag.

Rosneft hatte am Freitag mitgeteilt, dass Schröder seine Amtszeit als Aufsichtsr­atschef nicht verlängern werde. Der Altkanzler ist aktuell noch für den Aufsichtsr­at des Energiekon­zerns Gazprom nominiert und für die Gazprom-Tochterges­ellschafte­n Nord Stream und Nord Stream 2 als führender Lobbyist tätig. Der Bundestag hatte Schröder als Reaktion auf seine auch während des Ukraine-Kriegs fortdau

ernde Tätigkeit für russische Unternehme­n kürzlich sein Büro und seine Mitarbeite­r gestrichen. Das EU-Parlament forderte gleichzeit­ig Sanktionen gegen ihn. Zugleich laufen in der SPD auch noch Verfahren,

um den Ex-Kanzler aus der Partei auszuschli­eßen.

SPD-Generalsek­retär Kevin Kühnert sagte unserer Zeitung am Samstag, Schröders Entscheidu­ng zu Rosneft sei „wohl nicht ganz zufällig“und

„leider viel zu spät“gefallen. Zur Forderung des EU-Parlaments nach Sanktionen gegen Schröder hielt sich Kühnert aber bedeckt. „Ich habe keinen Anlass, eine schützende Hand über ihn zu halten. Wenn es

klare, objektive Kriterien für Sanktionsl­isten gibt, dann gelten die natürlich für alle. Ob das hier der Fall ist, müssen andere bewerten.“Bundeskanz­ler Scholz hatte sich zuvor gegen die Sanktionsf­orderung aus Brüssel gestellt.

Grünen-Kritik

Kritik an dieser Haltung gab es am Wochenende etwa aus den Reihen der Grünen im EU-Parlament. Der grüne Europa-Abgeordnet­e Reinhard Bütikofer warf Scholz vor, Klartext zu verweigern. „Die Äußerungen von Scholz zur Causa Schröder zeigen Zögerlichk­eit“, sagte Bütikofer dem „Handelsbla­tt“. Scholz spreche „da mehr als SPD-Mann und weniger als Kanzler“.

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Dpa-ArchivBILD: Kay Nietfeld

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