Aus der Sozialwohnung an die Spitze
Anthony Albanese ist der Sohn einer alleinerziehenden Mutter, wuchs in einer Sozialwohnung auf. Aber trotz dieser bescheidenen Anfänge hat es der Mann, seit seiner Kindheit Albo genannt, an die Spitze der australischen Mitte-links-Partei Labor gebracht und wird jetzt Premierminister von Australien.
Der heute 59-Jährige wurde in eine römisch-katholische Arbeiterfamilie geboren, im sozialkonservativen Australien der 1960er Jahre. Um ihn vor dem Skandal zu verschonen, ein unehelicher Sohn zu sein, sagte man ihm, dass sein italienischer Vater Carlo Albanese bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Das kurz, nachdem der Vater die irischstämmige Australierin Maryanne Ellery in Europa geheiratet habe.
Suche nach dem Vater
Seine Mutter, die an Gelenkrheumatismus litt und mit einer Erwerbsminderungsrente auskommen musste, sagte ihrem Sohn erst die Wahrheit, als er 14 Jahre alt war. Aus Loyalität zu seiner Mutter und um ihre Gefühle nicht zu verletzen, machte sich Albanese erst nach ihrem Tod 2002 auf die Suche nach seinem Vater. Beide trafen sich erstmals 2009, in Barletta, der süditalienischen Heimatstadt des Vaters. Der Sohn hielt sich dort aus beruflichen Gründen auf – in seiner Funktion als Australiens Minister für Verkehr und Infrastruktur.
Diesen Posten hatte Anthony Albanese in der bislang letzten Regierungszeit der Labor
Anthony Albanese nach seinem Sieg
Party von 2007 bis 2013 inne, und in den abschließenden drei Monaten war er stellvertretender Premier.
Ein linker Pragmatist?
Aus Sicht der scheidenden konservativ-liberalen Regierung wäre Albanese der am weitesten linksstehende Premier seit der Amtszeit des bis heute umstrittenen Gough Whitlam von 1972 bis 1975.
Albaneses Unterstützer argumentieren, dass er zwar der sogenannten sozialistischen Linken der Labor Party angehöre, aber ein Pragmatist mit der erwiesenen Fähigkeit sei, mit konservativeren Elementen der Partei klarzukommen. Albanese selbst hat versprochen, den Ruf Australiens bei der Klimapolitik zu verbessern.
Bei einem Auftritt Anfang dieses Jahres gefragt, wie er sich selbst definiere, beschrieb sich Albanese als Sohn einer Mutter auf Rente, der in der Sicherheit einer Sozialwohnung aufgewachsen sei.
Und noch etwas anderes hat ihn geprägt. Schon in jungen Jahren habe er gelernt, so sagt er, „welche Auswirkung die Regierung darauf hatte und haben kann, einen Unterschied im Leben von Menschen zu machen“.