Flugscham: Wie Oldenburger reisen möchten
Geschäftsmann, Reisebüros, Flughafen Bremen und FFF-Aktivisten über Reisen mit dem Flugzeug
Oldenburg – Flugreisen sind nicht nachhaltig. Fliegen ist schlecht für das Klima, das ist bekannt. CO2 ist der Hauptbestandteil des schädlichen Gases, das Flugzeuge beim Verbrennen von Kerosin ausstoßen. Mit einem Langstreckenflug (beispielsweise von München nach New York) ist das empfohlene CO2-Jahresbudget einer Person (1,5 Tonnen) schnell erreicht, sogar überschritten. Deshalb meldet sich bei einigen das schlechte Gewissen, wenn sie eine Reise buchen: Flugscham. Wie sieht es da in Oldenburg und umzu aus?
Flughafen Bremen
Ein- und Ausreiseverbote, Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben in den letzten zwei Jahren für erheblich weniger Flüge gesorgt. Im Vergleich zu 2019 verzeichnet der Bremer Airport derzeit noch einen Rückgang der Passagiere um 72,7 Prozent (2 308 338 Passagiere). „In den ersten vier Monaten dieses Jahres steigen die Passagierzahlen gegenüber den beiden Vorjahren deutlich an“, sagt Pressesprecherin Andrea Hartmann vom Bremer Flughafen. Nach vielen nasskalten
Monaten wundert es nicht, dass die Bürger wieder reisen wollen. Deutschland ist nach wie vor ein beliebtes Reiseziel, dennoch zieht es die Deutschen zieht besonders in warme Länder rund um das Mittelmeer.
Ausgleich für Flugreisen?
Gar nicht fliegen ist für die meisten keine Option. Sascha Tebben, Geschäftsführer der Tebben Consulting Social Media Beratung in Oldenburg, nutzt Flugreisen sowohl geschäftlich als auch privat. „Ich schäme mich nicht zu fliegen.
Was muss, das muss“, sagt er. Egal ist ihm sein ökologischer Fußabdruck aber nicht. In den sozialen Netzwerken nennt er sich auch „Tesla-Tebben“, denn er ist seit einigen Jahren überzeugter E-Mobilist und hat zu Hause einen eigenen kleinen Fuhrpark.
„Ich kompensiere CO durch Elektroautos und Zertifikate“. Überdies nutzt Tebben das Fahrrad sowie Bus und Bahn. Demnächst wird ein zweiter Standort seines Unternehmens auf Mallorca eröffnet, Fliegen wird also ein regelmäßiger Bestandteil seiner Familie werden.
Trends in Reisebüros
„Es wird nach wie vor gerne geflogen, jedoch sind die Aufenthalte an den Reisezielen länger. Kurztrips scheinen mir weniger zu werden“, so Andrea Schütte vom Tui Reisecenter in Oldenburg-Nadorst. Reiseveranstalter würden zunehmend auf umweltfreundliche Hotels und klimafreundliche Transfermöglichkeiten vor Ort achten, erklärt sie. Auch die Kunden würden vermehrt nach Reisen zu faireren Bedingungen fragen. Antken Akkermann von Horizont-Reisen sieht im Flugverhalten der Oldenburger keine großen Veränderungen, nachhaltige Urlaube seien dennoch schon länger ein Thema bei den Kundinnen und Kunden.
Fridays for Future
Der 16-jährige Jakob Hoffmann von Fridays for Future (FFF) Oldenburg ist der Meinung, dass zumindest ein Teil der jüngeren Generation weniger und bewusster fliegt, da diese Gruppe für die negativen Auswirkungen des Fliegens sensibilisiert sei. „Eine Kompensation ist sicherlich etwas, was sich umweltbewusste Menschen überlegen. Um dauerhaft jeden größeren CO2-Ausstoß zu kompensieren, verfügen viele nicht über entsprechende finanzielle Ressourcen.“
„Ich habe den Eindruck, dass es vor allem auf das Umfeld ankommt, ob man (viel) fliegt oder nicht“, sagt Leonie Mazalla (31) von FFF Olden
burg. Wobei sie schon glaube, dass die Gruppe derer, die nicht fliegen, bei jüngeren Leuten etwas größer ist.
Ronja Krüger ist bisher nur einmal für einen Schüleraustausch in die USA geflogen. Ihre Urlaubsziele wählt sie so aus, dass sie diese mit der Bahn erreichen kann. „Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich der Umwelt zuliebe nicht fliegen möchte“, sagt die 19-Jährige, die derzeit ein Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr am Oldenburger Offis-Institut verbringt. Geschäftliche (Kurzstrecken)-Flüge findet sie übrigens nicht vertretbarer als private. „Die Pandemie hat gezeigt, wie einfach man Besprechungen virtuell über Kilometer entfernt führen kann.“