Rentner-Gang macht Bodensee-Fähre flott
Werft-Seniorchef Dietmar Brand arbeitet mit altgedienten Hasen zusammen
Oldenburg – Die traditionsreiche Oldenburger Brand-Werft hat eine Filiale am Bodensee eröffnet: Die Stadtwerke Konstanz hatten vor fünf Jahren bei der Pella Sietas Werft in Hamburg eine Fähre mit umweltfreundlichem Antrieb bestellt. Das Schiff wurde auf dem Landweg in Sektionen von Hamburg nach Fußach in Österreich transportiert und dort zu einem sogenannten schwimmfähigen Kasko (Schiffsrumpf) zusammengesetzt und schließlich auf dem Wasserweg den Ausrüstungshafen des Fährbetriebes der Stadtwerke geschleppt. Dort sollte die Fähre eigentlich fertiggestellt werden.
Doch dann kam Corona, die Pella Sietas Werft wurde 2020 insolvent und das Projekt strandete im wahrsten Sinne des Wortes, der Schiffsrumpf dümpelte mit einem Zelt vor den Witterungseinflüssen geschützt vor sich hin. Jedenfalls wurde mit dem Insolvenzverwalter eine Einigung gefunden und die Planungsrechte sowie bereits eingekaufte Ausrüstungsteile wurden von Hamburg nach Konstanz übertragen bzw. gebracht.
„Fährschiff 14“
Doch das Problem war für die Stadtwerke Konstanz damit längst nicht vom Tisch. Wie sollte es weitergehen? Erfahrene Schiffbauer sind selten geworden, seit der Schiffbau von Deutschland immer weiter nach China ausgelagert wurde. Die Stadtwerke beauftragten das Hamburger Ingenieurbüro Technolog gemeinsam das „Fährschiff 14“fertigzustellen und die ProjektleiBrand
Unter einem Zelt geschützt: Dietmar Brand rüstet eine Fähre für den Bodensee aus.
tung und Koordinierung zu übernehmen.
Über den Technolog-Geschäftsführer Hans-Jürgen Voigt aus Hude kam dann im November 2021 der Kontakt nach Oldenburg zur Brand-Werft zustande. Voigt war zuletzt Einkaufleiter bei der BrandWerft. Und so fragte er seinen früheren Chef, Dietmar Brand, ob er nicht „Bock“hätte, nochmal
ein Schiff zu bauen. Ein schneller Besuch in Konstanz folgte und der Entschluss stand kurz vor Weihnachten fest: Die nächsten 15 Monate wird Konstanz zum Lebensmittelpunkt von Brand.
Start am 16. März
Am 16. März ging es los. Eine kleine Werft mit Werk
Seniorchef der Brand-Werft: Dietmar Brand
statt-Containern wurde eingerichtet. Schiffbauer und Schweißer begannen lose Teile zu ordnen und einzubauen. Beteiligt ist ein Unternehmen „Stahl und Rohrbau“aus Rostock, das früher mit Brand und Voigt in Oldenburg zusammengearbeitet hatte. Der Zusammenbau eines Schiffes ist wie das Zusammensetzen eines 5000-Teile-Puzzles, zieht
Er ist zuversichtlich, bis zu seinem 75. Geburtstag im Februar 2023 das fertige Schiff abliefern zu können. „Wir sind hier eine Rentner-Gang. Voigt als Geschäftsführer, ich als Projektleiter, der Malermeister, der Schiffbaumeister, der Projektkoordinator. Alles ,Alte Hasen’, die auch improvisieren können und Entscheidungen treffen, wenn mal ein Teil oder eine Konstruktionszeichnung fehlt“, so Brand. Sein Lebensmotto: „Wir sind alle zu alt, um uns noch zu ärgern!“