Bekenntnisse eines Verpackungs-Opfers
NWZ-Online-Redakteur Timo Ebbers versucht im Alltag auf Plastikverpackungen zu verzichten
Oldenburg – Der wöchentliche Einkauf ist für mich ein notwendiges Übel. Irgendwas muss ja im Kühlschrank stehen, und ohne Klopapier möchte man auch nicht dasitzen. Entsprechend wenig Liebe und Aufmerksamkeit schenke ich gewöhnlich der Safari durch den Supermarkt: Gut, wenn eine Käsepackung gerade im Angebot ist (gleich zwei oder drei einsacken!), und noch besser, wenn die Prozedur schnell erledigt ist.
Man könnte auch sagen: Verpackungen haben bei mir leichtes Spiel. Was über eine glänzende Hülle Wertigkeit zum günstigen Preis signalisiert, hat meine Shopping-Sinne im Griff. Wenn ich mir in einer stillen Minute dann die Mengen an Verpackungen in meinem Gelben Sack anschaue, ist der Folgeschluss unausweichlich: Ich bin ein Package-Victim.
Zwei Wochen habe ich versucht, auf Verpackungen zu verzichten, vor allem auf Plastik. Mit dem Start unseres Nachhaltigkeits-Newsletters „Plan(et) A“wollte ich eigene Erfahrungen vorweisen können. Und die sind gar nicht so schlecht.
Da geht auch weniger: Timo Ebbers stellt einen gut gefüllten Gelben Sack an die Straße. Der nächste wird wohl weniger prall ausfallen.
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Erste Maßnahmen
Vor dem Einkauf Tupper-Dosen einpacken! Okay, die sind aus Plastik, aber da sie nun einmal in meinem Küchenschrank stehen, sollen sie auch möglichst lange gebraucht werden und dabei helfen, Einwegverpackungen zu vermeiden. Der Biomarkt bei mir um die Ecke bietet sogar selbst Behälter an, in denen ich Käse- oder Fleischwaren mitnehmen könnte. Doch die
Mitbringsel sind den Verkäuferinnen auch willkommen. Die Käsepackung ist also nicht alternativlos; das war einfach. Obst und Gemüse habe ich auch vorher meist lose, also ohne lästigen Plastikumhang gekauft. Beim Kaffee habe ich mir das schon schwieriger vorgestellt, doch auch da gibt es in einem Laden in der Oldenburger Innenstadt keine Probleme. Und Süßigkeiten? Die verkneife ich mir bislang. Der Unverpacktladen in der Nähe
bietet zwar einiges an, aber für niedere Begehrlichkeiten extra aufs Fahrrad steigen? Aus Bequemlichkeit das Richtige zu tun ist auch mal schön.
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Erste Sünden
Zweimal passe ich nicht auf. Bei einem großen OnlineHändler entdecke ich ein cineastisches Schätzchen, das mir bislang verborgen geblieben war: „The Wicker Man“, ein schräger britischer Gruselfilm mit Christopher Lee als irrem Oberhaupt eines schottischen Inseldörfchens. Die Blu-ray liegt noch am Tag der Bestellung bei mir im Briefkasten, und natürlich trägt sie ein mehrschichtiges Plastikkleid. Der zweite Lapsus: Eines Morgens fahre ich mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit noch schnell beim Arzt ran, hole ein Rezept raus und laufe damit in die nächste Apotheke. Die Plastikverpackung des Medikaments schenke ich mir, aber an der Theke liegen noch Deo-Doppelpacks zum Sparpreis griffbereit. Der Schlüsselreiz erwischt mich kalt, erst draußen vor der Tür merke ich, dass ich mir zwei Plastikverpackungen eingesteckt habe.
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Erstes Fazit
Der neue Gelbe Sack hängt schlaff an der Halterung, nach und nach verschwinden die Plastikverpackungen aus den Schränken in der Küche. Ein letztes Frischkäsedöschen hält noch wacker die Stellung im
Kühlschrank, doch auch das wird in den nächsten Tagen den Platz räumen. Eine Herausforderung steht noch aus: das Badezimmer. Das Deo-Verhängnis habe ich schon gebeichtet, doch auch Zahnpasta, Shampoo und Co. werden mal aufgebraucht sein. Zahnpasta in der Tupper-Dose, das stelle ich mir schwierig vor. Der Tag der Entscheidung wird kommen.
Insgesamt muss ich zugeben, dass ich mit meinem Einpersonenhaushalt in Oldenburger Zentrumsnähe beste Voraussetzungen habe, ziemlich viel Verpackungsmüll einzusparen. Zwei Bio-Läden erreiche ich locker zu Fuß, einen Unverpacktladen ebenso locker mit dem Fahrrad. Und auf den Cent gucken muss ich beim Einkaufen auch nicht. Eine Großfamilie auf dem Land wird da vor höheren Hürden stehen. Was vielleicht Mut macht: Die Verkäuferinnen und Verkäufer waren ausnahmslos sehr entgegenkommend, wenn ich nach Möglichkeiten gefragt habe, Plastikverpackungen zu vermeiden. Beim Kaffee habe ich die Verpackungskosten sogar unaufgefordert vom Kaufpreis abgezogen bekommen. A bisserl was geht immer!