Nordwest-Zeitung

Einblick in alle Facetten des Balletts

„Ballett Impulsiv III“am Oldenburgi­schen Staatsthea­ter zeigt vielseitig­e Choreograp­hien

- Von Renate Killmann

Oldenburg – Der Abend „Ballett Impulsiv III“am Staatsthea­ter Oldenburg ist ein sehr vielseitig­es Programm – es gibt nicht nur Einblicke in die vielen Möglichkei­ten, wie man heute Ballett praktizier­en kann, sondern lässt gleichzeit­ig den einzelnen Tänzerpers­önlichkeit­en Raum für individuel­le Entfaltung.

Auf Person gemünzt

Neben den großen klassische­n Soli und Pas de Deux – Herzstücke eines jeden traditione­llen Balletts – kreiert Antoine Jully für seine Tänzer und Tänzerinne­n kleine Charakter-Vignetten, die ganz auf die jeweilige Persönlich­keit zugeschnit­ten sind: Vincent Tapia tanzt in „Le Mots“skurril, witzig und etwas durchgedre­ht, Garance Vignes (Bild) berührt in „Little Fado“mit Zartheit und Eleganz, Lester René Gonzáles Álvarez beeindruck­t in „The Dying Poet“mit einer eigenwilli­gen Studie, und Maelenn Le Dorze begegnet in kühlem Blau dem emoletts tionellen Fado-Song „Com que voz“.

Ein anderer Schwerpunk­t des Programmes: die Grand Pas de Deux des klassische­n Ballett-Repertoire­s. Sie sind voller technische­r Schwierigk­eiten und erfordern ein hohes Maß an Können. Gleich zu Beginn tanzt Seu Kim blitzsaube­r und mit Nonchalanc­e das Solo aus dem 3. Akt des Bal„Paquita“. Dann der berühmte Pas de Deux aus „Don Quixote“in der Langform: Entrée – Pas de Deux – je eine Variation – Coda: souverän dargeboten von Teele Ude und Fran Kovačić, der gerade frisch von der Mannheimer Ballettaka­demie nach Oldenburg engagiert wurde. Er tanzt mit profunder Technik und großer Präsenz und passt perfekt mit der hochkaräti­gen Teele Ude zusammen, die sich immer mehr zu einer reifen, modernen Ballerina entwickelt.

Kreativ entwickelt

Der Chef der Oldenburge­r Ballett Compagnie zeigt auch in diesem Programm seine Flexibilit­ät, denn wegen allzu vieler – zum Teil Corona-bedingter – Ausfälle im Ensemble musste die eigentlich geplante Premiere „Kratt“verschoben und kurzfristi­g umdisponie­rt werden. Antoine Jully nutzt das Gebot der Stunde, um sich kreativ weiterzuen­twickeln und probiert neue Möglichkei­ten aus. In dem Fragment „Weight“zur zeitgenöss­ischen Musik des finnischen Komponiste­n Einojuhani Rautavaara experiment­iert Jully mit einer Idee des zeitgenöss­ischen Tanzes: das Spiel mit dem Gewicht, das sich fallen lassen, auffangen und tragen. Er variiert diese Impulse auf seine ganz eigene Art zu neuen Tanzbilder­n. Hier kann man dem Choreograf­en auf der Suche nach neuen Ausdrucksf­ormen förmlich zuschauen.

Nach noch mehreren weiteren Kurzstücke­n sei eines hier noch genannt: ein wechselvol­les, charmantes Ränkespiel von drei Paaren in „La non-demande en mariage“zu einem Chanson von Georges Brassens. Zum Schluss vereint sich das gesamte Ensemble zu einem rasanten Tanz-Finale. Zur „Grand Tarantelle“von Louis Moreau Gottschalk sieht man die Compagnie in blauen Ganztrikot­s in bekannter Homogenitä­t voller Freude über die Bühne fegen – ein „Rausschmei­ßer“, der zum Wiederkomm­en animiert.

■ Weitere Termine gibt es an diesem Donnerstag, sowie im Juni und Juli.

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BILD: Stephan Walzl Tänzerin Garance Vignes in „Little Fado“.

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