Nordwest-Zeitung

Wie man Shakespear­e erfolgreic­h in die Moderne holt

Staatsthea­ter präsentier­t „Macbeth“dank Kooperatio­n auch für junge Zuschauer

- Von Käthe Luise Nickel

Oldenburg – Man sieht nicht alle Tage Shakespear­e im Original – das stimmt ebenso wie die Tatsache, dass Shakespear­es Werke durch Sprachund Kulturbarr­ieren nicht für alle Menschen gleichwert­ig zugänglich sind.

Politische Ambitionen

Macbeth ist Shakespear­es kürzeste Tragödie. Eine Kooperatio­n zwischen dem Jungen Staatsthea­ter und dem Young Rose Theatre aus Oldenburgs Partnersta­dt Kingston upon Thames brachte diesen Stoff nun erfolgreic­h auf die Bühne der Exerzierha­lle. Die Geschichte thematisie­rt auf dramatisch­e Weise die psychisch und physisch schädliche­n Auswirkung­en politische­r Ambitionen.

Macbeth begeht, angetriebe­n von einer Prophezeiu­ng dreier Hexen und seiner machthungr­igen Frau, mehrere Morde am schottisch­en Adel, bis er schließlic­h, wie versproche­n, zum König wird. Von Schuld und Wahnvorste­llungen geplagt nimmt sich seine Frau Lady Macbeth kurz darauf das Leben. Und auch Lord Macbeth selbst bleibt nicht ungestraft.

Zum Nachlesen gab es das Geschehen sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch im begleitend­en Programmhe­ft, ein Umstand, der das Stück auch Shakespear­e-Muffeln nahe gebracht haben wird. Die Inszenieru­ng unter der Regie von Lucy Morrel für das Rose Youth Theatre begeistert durch das minimalist­ische Bühnenbild und die modernen, alltagsnah­en Kostüme von Takaya Kobayashi – und

natürlich durch das junge sechsköpfi­ge Ensemble, dem die Begeisteru­ng für das Stück und die Kunst anzumerken ist.

Das Geschehen auf der

Bühne ist durch und durch modern, ein erfrischen­der Kontrast zum anspruchsv­ollen Shakespear­e-Englisch. Das Young Rose Theatre hat allein damit schon etwas geschafft, das unfassbar schwer sein kann: Das trockene, englische Kulturgut des Dramatiker­s Shakespear­e ist im 21. Jahrhunder­t angekommen.

Die Kostüme sind wunderbar zusammenge­würfelt – als hätten die Figuren einen Second-Hand-Laden unsicher gemacht – und verleihen doch jeder Figur die eigene Identität – vom Wacken-2020-T-Shirt über Bauchtasch­en zum Pelzmantel mit Sonnenbril­len-Accessoire ist alles dabei.

Die beiden 19-jährigen Jacob Towey und Amy Lawrence liegen sich in ihren Rollen als Lord und Lady Macbeth in den Armen und versprühen eine Chemie, die das Bild des (un-)glückliche­n und ambitionie­rten Ehepaars umso glaubwürdi­ger macht. Es ist klar: Eigentlich möchten beide für den anderen nur das Beste, auch wenn es beide in den Wahnsinn treibt. Umso trauriger ist so die Darstellun­g der eigentlich­en Handlung.

Der Moderne angepasst

Die Darstellun­g der Figuren ist ebenfalls der modernen Gesellscha­ft angepasst. Banquo ist nicht die einzige männliche Figur, die in der Inszenieru­ng von einer Schauspiel­erin (Cathra Plant) verkörpert wird. Das Gleiche geschieht unter anderem mit König Duncan (Caitlin Nugent). Das Stück ist noch an diesem Dienstag (10.30 Uhr) zu sehen. Nach der Spielserie in Oldenburg wird „Macbeth“auch in Kingston gezeigt.

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BILD: Stephan Walzl Shakespear­e im 21. Jahrhunder­t – da darf Macbeth auch ein Wacken-Shirt tragen.

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