Was der Affenpocken-Ausbruch bedeutet
Ungewöhnlich viele Infektionen in Europa – Impfung schützt wohl lebenslang
Berlin – Zunächst war es ein wohl aus Nigeria eingeschleppter Fall in Großbritannien, inzwischen werden aus immer mehr Ländern Nachweise und Verdachtsfälle von Affenpocken gemeldet. Das Ausmaß lässt Experten aufmerken. Was ist das für ein Erreger und wie besorgniserregend ist der Ausbruch?
Wie ist die aktuelle Lage
Offenbar hat sich der Erreger bereits längere Zeit unbemerkt in mehreren westlichen Ländern ausgebreitet. Die WHO berichtete am Wochenende von rund 90 bestätigten Infektionen und 30 Verdachtsfällen in Ländern, in denen das in West- und Zentralafrika heimische Virus normalerweise nicht auftritt. In Europa sind unter anderem Spanien, Portugal, Großbritannien, Italien, Schweden und die Schweiz betroffen. Auch in Deutschland waren bis Montag mehrere Fälle erfasst, nach Bayern und Berlin meldeten auch Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt Nachweise der Infektion. Experten rechnen mit einer weiteren Zunahme der Fälle.
Was sind Affenpocken
Affenpocken sind eine auf ein Virus zurückgehende Erkrankung. Der Erreger wurde erstfährden.“ mals 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen – daher der Name. Fachleute vermuten aber, dass der Erreger eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert.
Ist das Virus gefährlich
Die kursierende Variante des Affenpocken-Virus ruft nach Angaben von Gesundheitsbehörden meist nur milde Symptome hervor, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Es sind zwei Varianten des Erregers bekannt:
Die mildere, westafrikanische Variante führt nach Angaben von Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie der München Klinik Schwabing zu einer Sterblichkeit von etwa einem Prozent, vor allem bei Kindern unter 16 Jahren. „Man muss aber bedenken, dass diese Daten aus Afrika nicht zwingend übertragbar auf das Gesundheitswesen in Europa oder den USA sind, bei uns wäre die Sterblichkeit eher niedriger anzusetzen. Das ist eine Erkrankung, die meines Erachtens nicht das Potenzial hat, die Bevölkerung massiv zu geDie Sterblichkeit für die zweite, zentralafrikanische Variante wird mit etwa zehn Prozent angegeben.
Bei allen bisher genetisch analysierten Proben handelte es sich um die westafrikanische Erreger-Variante, auch bei dem Patient in München.
Ist der aktuelle Ausbruch ungewöhnlich
Ja, darin sind sich die Experten einig. „In der Vergangenheit waren die Affenpocken-Ausbrüche begrenzt in der Ausbreitung“, sagt der Virologe Stephan Becker von der Uni Marburg. Infektionsketten zwischen Menschen seien ungewöhnlich und müssten eng überwacht werden.
Die kürzlich nachgewiesenen Infektionen seien unter anderem deshalb atypisch, weil die meisten Betroffenen nicht nach West- oder Zentralafrika gereist seien, heißt es auch in Statement von Hans Kluge, Regionaldirektor für Europa bei der WHO.
Wie wird das Virus übertragen
Bei den aktuell erfassten Fällen sind in der Mehrheit, wenn auch nicht nur, Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten. Intimkontakt ist aber nur eine Möglichkeit der Übertragung.
Dem RKI zufolge geschieht eine Übertragung auf den Menschen allgemein häufig durch Kontakt mit infizierten Tieren oder tierischem Blut und Sekreten, über das Essen infizierten Affenfleischs sowie Tröpfcheninfektion. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei grundsätzlich selten und nur bei engem Kontakt möglich, könne aber etwa auch durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf Infizierter vorkommen.
Bei der aktuellen Infektionshäufung sind die detaillierten Infektionsketten noch weitgehend unklar. Aktuell scheine die Übertragung bei Affenpocken dabei aber zumindest nicht durch Aerosole zu erfolgen, schätzt der Marburger Virologe Becker.
Gibt es eine schützende Impfung
In der EU gibt es keine speziell gegen Affenpocken zugelassene Impfung. Historischen Daten zufolge schützt aber eine Pockenimpfung gut – und das wohl lebenslang. Virologe Gerd Sutter von der LMU München sagte „Zeit Online“: „Von dem klassischen Pockenvirenimpfstoff, einem Lebendimpfstoff, haben wir in Deutschland so viel Vorrat, dass man die ganze Bevölkerung impfen könnte.“Seit 2013 ist in der EU der Impfstoff Imvanex gegen Pocken zugelassen. Eine Zulassung zur Vorbeugung von Affenpocken hat er in der EU nicht. Laut WHO wolle man Experten einberufen, um mögliche Impfempfehlungen zu erörtern.