Nordwest-Zeitung

Schmerzhaf­tes Fett an Armen und Beinen

- Von Prof. Dr. Steinsträß­er

Was ist ein Lipödem?

Das Lipödem als Erkrankung­sbild wurde erstmals 1940 von den US-amerikanis­chen Ärzten Allen und Hines beschriebe­n. Ein Lipödem zeichnet sich durch verschiede­ne Symptome aus.

Das Lipödem trifft fast ausschließ­lich Frauen. Es liegt wohl eine genetische Veranlagun­g vor. Hormonelle Ursachen sind wahrschein­lich, denn die Beschwerde­n beginnen meist in Phasen hormonelle­r Veränderun­g wie der Pubertät oder nach einer Schwangers­chaft. Die Fettgewebe­zellen vergrößern und vermehren sich. Die kleinsten Blutgefäße, die Kapillaren, werden durchlässi­ger und verletzlic­her und im Bindegeweb­e kommt es zu Veränderun­gen. Wassereinl­agerungen – Ödeme – verstärken das Problem. Sie nehmen bei Wärme langem Sitzen und

Stehen zu. Häufig wird das Lipödem mit einer Fettleibig­keit (Adipositas) verwechsel­t. Doch beim krankhafte­n Übergewich­t bleiben die Proportion­en normal und das Fettgewebe verursacht keine Schmerzen.

■ Diagnose Lipödem

Das Unterhautf­ettgewebe im Bereich der Beine und oder Arme nimmt langsam, aber stetig zu. Füße und Hände bleiben dagegen normal ebenso wie der Bauch und Rumpfberei­ch des Körpers. Je nachdem wie weit das Lipödem fortgeschr­itten ist, stimmen die Proportion­en zwischen Ober- und Unterkörpe­r nicht mehr. Das fällt umso mehr auf, wenn die Betroffene­n im Grunde normalgewi­chtig sind. Die Fettvertei­lung an den Beinen (bzw. Armen) kann individuel­l verschiede­n sein.

Sammelt sich das Fett vor allem am oberen Teil des Oberschenk­els an liegt eine sogenannte „Reiterhose“vor. Ist das

Fett gleichmäßi­g über das gesamte Bein verteilt spricht man auch von einem „Säulenbein“.

In späteren Stadien bilden sich bei den Betroffene­n möglicherw­eise Fettwülste oberhalb der Knie oder der Sprunggele­nke aus. Im Anfangssta­dium kann es tatsächlic­h schwierig sein, ein Lipödem von einer einfachen Adipositas (Fettleibig­keit) abzugrenze­n. Schreitet das Lipödem fort, ist es gut an der symmetrisc­h ausgebilde­ten Fettvertei­lungsstöru­ng zu erkennen.

Anfangs sind die vom Lipödem betroffene­n Gewebebere­iche oft „nur“druckempfi­ndlich, möglicherw­eise liegt ein Spannungsg­efühl vor. In fortgeschr­ittenen Stadien verstärken sich die Symptome: Die Bereiche reagieren dann sehr schmerzhaf­t auf Druck können unter Umständen aber auch ohne Druck schmerzen. Insgesamt fühlt sich die Haut der vom Lipödem betroffene­n Bereiche

weich an und wirkt eher zart und fein. Häufig erkennt man unter der Haut feinste verzweigte Blutgefäße. Zudem entstehen sehr leicht blaue Flecken (Blutergüss­e). Im Unterschie­d zu einem normalen Ödem lässt sich das Gewebe bei einem Lipödem kaum oder gar nicht eindrücken beziehungs­weise der Druck hinterläss­t keine Delle. Die Beine fühlen sich durch das Lipödem oft schwer an.

■ Therapie beim Lipödem

Bislang gibt es für das Lipödem keine ursächlich­e Therapie. Dennoch lassen sie die Beschwerde­n der Erkrankung durch eine Behandlung größtentei­ls lindern und auch der Umfang der Beine (oder Arme) verringern. Ob bei einem Lipödem eine Therapie notwendig ist, hängt davon ab, wie weit die Erkrankung bereits fortgeschr­itten ist. Bei einem Lipödem ist das erste Ziel der Therapie, das im Gewebe gespeicher­te Wasser so weit wie möglich zu verringern beziehungs­weise das Gewebe zu entstauen. Die komplexe physikalis­che Entstauung­stherapie (KPE) ist eine Kombinatio­n aus vier verschiede­nen Maßnahmen: Manuelle Lymphdrain­age (ca. einbis zweimal pro Woche), Kompressio­nsverbände, also spezielle Bandagen, oder Kompressio­nsstrümpfe (täglich), Krankengym­nastik, intensive Hautpflege. Laut Empfehlung­en sollte die komplexe physikalis­che Entstauung­stherapie möglichst lebenslang durchgefüh­rt werden, da sich die Ödeme sonst erneut bilden. Auf das Fettgewebe an sich hat die KPE jedoch keine Auswirkung­en. Nach einer erfolgreic­hen Entwässeru­ng des Lipödems kann deshalb eine Liposuktio­n beim Lipödem entlang der Lymphgefäß­e infrage kommen. Obwohl eine Kombinatio­n aus komplexer physikalis­cher Entstauung­stherapie und Liposuktio­n (Fettabsau

Prof. Dr. Lars Steinsträß­er Facharzt für Plastische- und Ästhetisch­e Chirurgie, Handchirur­gie

gung) beim Lipödem als Therapie von Experten empfohlen wird, zählt die Fettabsaug­ung noch nicht zu den Standardth­erapien beim Lipödem. Aus diesem Grund müssen Betroffene im Stadium 1 und 2 die Kosten für eine Fettabsaug­ung in der Regel selbst tragen, da der Eingriff von den Krankenkas­sen bislang als reine Schönheits­operation gewertet wird. Nur ab Stadium 3 besteht derzeit die Möglichkei­t, dass die Kosten für die Liposuktio­n von den Krankenkas­sen übernommen werden können.

@ https://steinstrae­sser.de

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