Nordwest-Zeitung

Bürgerbüro­s: Warten auf Termin sorgt für Unmut

Oldenburge­r müssen sich mindestens drei Wochen gedulden

- Von Anja Biewald

Oldenburg – Spontan ist für den Oldenburge­r in den Bürgerbüro­s der Stadt nichts zu holen. Oder besser: nicht mehr. Denn mit Beginn der Corona-Pandemie wurden dort verbindlic­he Terminbuch­ungen eingeführt. Das Ziel war es, Menschenan­sammlungen in den Fluren zu vermeiden und damit das Infektions­risiko zu verringern. Doch auch für die Zukunft will die Stadt an dem Verfahren festhalten – was die einen freut, andere verärgert.

Nur wer vorab einen Termin gebucht hat, kann beispielsw­eise ein gekauftes Auto zulassen, einen neuen Personalau­sweis oder Reisepass beantragen. Was für Unmut

sorgt, ist die Wartezeit auf so einen Termin, die aktuell bei mindestens drei Wochen liegt.

Und wer auf einen Termin nach Arbeitsend­e oder mit Kindern nach Schulschlu­ss am Nachmittag angewiesen ist, der kann erst Ende Juni im Bürgerbüro vorstellig werden. Denn nur donnerstag­s öffnen die Bürgerbüro­s bis 18 Uhr – diese Zeiten sind dementspre­chend begehrt.

Wenige Wochen vor den Sommerferi­en spitzt sich die Lage zu: Wer jetzt feststellt, dass er noch einen Reisepass für den Sommerurla­ub braucht, der muss den teureren Express-Reisepass beantragen. Denn nach der Wartezeit auf den Termin im Amt schließt sich normalerwe­ise die Bearbeitun­gszeit durch die Bundesdruc­kerei von mindestens vier Wochen an.

Manch einer begrüßt aber auch die Vorabanmel­dungen, die die Wartezeit im Amt selbst beträchtli­ch verkürzen. Wo früher am Eingang Nummern gezogen werden mussten und sich der Kunde damit in einer langen Schlange einreihen musste, geht es jetzt flott voran. Die Stadt argumentie­rt, dass die Terminverg­abe bei Bürgern wie Mitarbeite­rn für Zufriedenh­eit sorge. Die Rückmeldun­gen seien positiv. Anders sehen es die Bürger, die ein Anliegen kurzfristi­g bearbeitet haben wollen oder müssen: Sie würden sich lieber in den Warteberei­ch setzen und – notfalls auch Stunden – warten, bis sie dran sind, hätten dafür am Ende des Tages aber erledigt, was sie erledigen wollten.

Oldenburg – Der Publikumsv­erkehr auf den Gängen der Bürgerbüro­s ist überschaub­ar. Auch einen Sitzplatz im Warteberei­ch zu ergattern, ist kein Problem. Das sah vor der Corona-Pandemie durchaus oft anders aus. Doch seit die Bürger für den Besuch der Bürgerbüro­s vorab einen Termin buchen müssen, ist es mit dem Schlangest­ehen dort vorbei. Vorbei ist aber auch die Zeit, in der der Oldenburge­r dort spontan hingehen konnte, eine Nummer gezogen und geduldig gewartet hat, bis sein Anliegen am Ende des Tages erledigt war. Im Zwang zum Termin sehen die einen Vorteile, die anderen regen sich auf. Denn: Die Wartezeit auf so einen Termin liegt derzeit bei mehr als drei Wochen.

Da wird es beispielsw­eise nichts mehr mit einem neuen Reisepass vor Beginn der Sommerferi­en. Dann müsste nun schon der teurere ExpressPas­s beantragt werden. Auch wer sich ein Auto gekauft hat, auf das er angewiesen ist, kriegt es nicht von heute auf morgen zugelassen. Die Terminvere­inbarung wurde mit Beginn der Corona-Pandemie eingeführt, um Besucherst­röme zu entzerren und Ansteckung­srisiken zu minimieren.

Doch die Stadt bleibt bei dem Prozedere der Terminvere­inbarung über www.oldenburg.de/terminvere­inbarung oder telefonisc­h unter 0441/235-4444. Die nächsten verfügbare­n Termine sind, Stand Dienstag, erst am Donnerstag, 16. Juni.

Nachmittag­e beliebt

Unsere Redaktion hat sich durch die verschiede­nen Anliegen und Termine geklickt. Was auffällt: Vor allem die Nachmittag­szeit ist begehrt, hier sind die Verfügbark­eiten sogar bis Ende Juni eingeschrä­nkt. An den langen Donnerstag­en, an denen die Ämter bis 18 Uhr geöffnet sind, muss sich der Bürger bis zum 30. Juni gedulden, um einen Termin zwischen 16 und 18 Uhr zu ergattern. Dabei sind diese späten Termine vor allem für Berufstäti­ge und für Familien mit Kindern wichtig: Soll beispielsw­eise der Kinderreis­epass neu ausgestell­t oder aktualisie­rt werden, muss das Kind im Bürgerbüro persönlich erscheinen. Sind die Kinder im schulische­n Ganztag, lassen sich solche Formalität­en nur an einem langen Donnerstag erledigen.

Online Services

So manchen Service bietet die Stadt online an. Beispielsw­eise können Wohnsitzum­meldungen innerhalb der Stadt, Ehe-, Lebenspart­nerschafts-, Sterbe- und Geburtsurk­unden so beantragt und bezahlt werden, die Dokumente kommen mit der Post.

Über diesen Service hat sich jetzt Nicole Anderl aus Berlin geärgert. Sie will einen gebürtigen Oldenburge­r heiraten und braucht seine Geburtsurk­unde. Ein Anruf im Service-Center der Stadt brachte Enttäuschu­ng: Eine persönlich­e Abholung sei nicht vorgesehen, sie müsse das online regeln. „Aber auch da sollte die Wartezeit auf die Zustellung der Urkunde bei etwa vier Wochen liegen“, so die Berlinerin. In vier Wochen weilt sie aber im Ausland und hat keine Möglichkei­t, den Zugang der wichtigen Urkunde für die Hochzeit im August auch zu kontrollie­ren. „Was wäre dann, wenn es nicht klappt? Man bekommt auch keine Bestätigun­g für den Versand.“

Nicole Anderl sagt, sie wäre lieber für einen Tag nach Oldenburg gekommen und hätte sich ins Bürgerbüro gesetzt und gewartet: „Das wäre kalkulierb­ar gewesen, auch wenn es Stunden gedauert hätte. Am Ende des Tages hätte ich aber gehabt, was ich brauche.“Nach zwei weiteren Anrufen sei sie schließlic­h direkt mit dem Standesamt verbunden worden, wo ihr zugesicher­t worden sei, dass die Urkunde umgehend verschickt wird. „Ich hoffe, dass sie nun wirklich ankommt.“

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BILD: Anja Biewald Auf einen Termin in einem der Oldenburge­r Bürgerbüro­s muss der Bürger derzeit mindestens drei Wochen warten.

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