Nordwest-Zeitung

Im Notfall mehr Strom aus Kohle

Wirtschaft­sministeri­um will bei Engpässen Gasverbrau­ch in Stromerzeu­gung mindern

- Von Martina Herzog

Berlin – Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck will Deutschlan­d für ein mögliches Wegbrechen russischer Gaslieferu­ngen wappnen und dafür die Zahl der Kohlekraft­werke in Reserve ausbauen. Falls Gasmangel eintritt oder droht, soll der Gasverbrau­ch in der Stromerzeu­gung deutlich verringert werden, wie am Dienstag aus dem Bundeswirt­schaftsmin­isterium zu hören war. Ein entspreche­nder Gesetzentw­urf wird in der Bundesregi­erung beraten.

■ Wann die Reserve zum Einsatz kommt: Die stillgeleg­ten Kohlekraft­werke sollen bei der Stromprodu­ktion einspringe­n, wenn in Deutschlan­d Gasmangel droht oder bereits zu wenig Gas zur Verfügung steht. Auch einige Kraftwerke, die mit Mineralöl betrieben werden, sollen Teil der Reserve werden. Die Entscheidu­ng, die Reserve zu nutzen, soll den Plänen zufolge Habeck in Absprache mit beangesich­ts

Die Zahl der Kohlekraft­werke in Reserve soll nach Plänen des Wirtschaft­sministeri­ums ausgebaut werden.

stimmten Ministerko­llegen treffen können. Die Möglichkei­t dazu sollen ihm die nun vorgeschla­genen Gesetzesän­derungen verschaffe­n.

■ Was Reserve heißt: Die Teilnahme an der Reserve ist für Kraftwerke, die die Bundesnetz­agentur als systemrele­vant einstuft, verpflicht­end.

Als Teil der Reserve müssen Kohlekraft­werke in einem Zustand erhalten werden, der einen dauerhafte­n Betrieb am Strommarkt möglich machen würde. Die dafür anfallende­n Kosten werden erstattet.

Bei Engpässen sollen die Betreiber zwar nicht wieder in die Stromprodu­ktion einsteigen müssen – es dürfte sich hoher Preise dann aber für sie lohnen. Finanziell­e Unterstütz­ung gibt es dann nicht mehr für sie.

■ Und die Braunkohle? Im Gegensatz zur Steinkohle wird Braunkohle nicht importiert, sondern in Deutschlan­d gefördert. Stillgeleg­te Braunkohle­kraftwerke befinden sich in einer sogenannte­n Sicherheit­sbereitsch­aft, damit sie bei Engpässen ebenfalls aushelfen können. Damit dies schneller klappt, sollen sie in eine neue Versorgung­sreserve überführt werden.

■ Die Rolle von Gas in der deutschen Stromerzeu­gung: Im vergangene­n Jahr trug Gas nach Ministeriu­msangaben etwa 15 Prozent zur deutschen Stromerzeu­gung bei. Inzwischen dürfte der Anteil aber geringer sein.

■ Betrieb von Gaskraftwe­rken soll unattrakti­ver werden: Der Einsatz von Gaskraftwe­rken zur Stromerzeu­gung soll im Ernstfall für eine Dauer von sechs Monaten mit einem sogenannte­n Malus belegt werden können, was den Betrieb laut Ministeriu­m unwirtscha­ftlich machen würde. Ob es dazu kommt, würde ebenfalls Habeck nach Rücksprach­e mit Ministerko­llegen entscheide­n.

■ Regelungen mit Verfallsda­tum: Im Sinne des Klimaschut­zes will Deutschlan­d die Stromerzeu­gung aus Kohle in nicht allzu ferner Zukunft beenden. Das bleibe auch so, heißt es im Gesetzentw­urf: „Das Ziel, den Kohleausst­ieg idealerwei­se im Jahr 2030 zu vollenden, bleibt, wie auch die Klimaziele, davon unberührt.“Die Regelungen zur kurzfristi­gen Aktivierun­g von Kohlekraft­werken sollen als Brücke für den Zeitraum dienen, bis Deutschlan­d sich zumindest weitgehend von russischen Gasimporte­n gelöst hat. Die Regelungen zur möglichen Nutzung von Kohlekraft­werken in der Stromerzeu­gung sind bis zum 31. März 2024 begrenzt.

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Dpa-BILD: Thissen

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