Nordwest-Zeitung

Härtetest für den Finanzmini­ster

Christian Lindner (FDP) geht einer turbulente­n Haushaltsw­oche entgegen

- Von Birgit Marschall, Büro Berlin

Auf Bundesfina­nzminister Christian Lindner kommen harte Zeiten zu: Der FDPVorsitz­ende muss liefern und zeigen, dass er es mit der Rückkehr zu soliden Finanzen ernst meint. Die am Dienstag beginnende Haushaltsw­oche des Bundestags bietet Redetalent Lindner eine Bühne.

Selbst in der Niederlage wirkt Christian Lindner beherrscht und routiniert wie immer. Gerade hat seine FDP bei der dritten Landtagswa­hl in Folge ein miserables Ergebnis eingefahre­n. Ausgerechn­et in Lindners Heimatland Nordrhein-Westfalen, im größten Landesverb­and, muss die FDP für kurze Zeit sogar um den Wiedereinz­ug in den Landtag bangen. Erst als klar ist, dass sie die Fünf-Prozent-Hürde sicher genommen hat, tritt der Parteivors­itzende vor die Presse. Seine Miene verrät nichts darüber, was sich in seinem Innern abgespielt haben muss. Seine Worte tun es dann aber doch, wenigstens ein bisschen: „Wir haben eine, man muss es so sagen, desaströse Niederlage heute Abend zu verzeichne­n.“Dabei ist klar, dass nach dieser so schmerzlic­hen Landtagswa­hl eigentlich nichts so weitergehe­n kann wie bisher. Bürgerlich­e Wähler haben Lindner und die FDP auch dafür abgestraft, dass sie ihnen zum Amtsantrit­t der Ampel-Koalition viel versproche­n hat, aber bisher nicht halten konnte.

Dies gilt vor allem für die Rückkehr zu soliden Finanzen nach der Corona-Pandemie. Lindner kam der UkraineKri­eg dazwischen, jetzt nähert er sich eher einem Schuldenre­kord als der Rückkehr zur Schuldenbr­emse. Sein erster Bundeshaus­halt, den der Bundestag am Freitag beschließe­n soll, sieht 140 Milliarden Euro neue Schulden in diesem Jahr vor. Darüber hinaus pumpt er sich weitere 100 Milliarden Euro für das Bundeswehr-Sonderverm­ögen. 240 Milliarden Euro neue Schulden hatte nicht mal sein Amtsvorgän­ger Olaf Scholz (SPD) im CoronaJahr 2021 aufgenomme­n.

Nun muss er erklären, warum er trotzdem kein Schuldenkö­nig werden wird, warum man den Bundeswehr-Sondertopf zur Neuverschu­ldung nicht einfach dazurechne­n darf. Wie er das Wunder vollbringe­n will, das Defizit in kürzester Zeit trotz des fortdauern­den Ukraine-Kriegs auf fast Null zu drücken, damit 2023 die Schuldenbr­emse wieder eingehalte­n wird. Es ist ein Härtetest für Lindner. Verliert er ihn, wird die FDP auch bei kommenden Wahlen Probleme haben.

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Dpa-BILD: Kappeler Christian Lindner (FDP), Finanzmini­ster

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