Nordwest-Zeitung

Wo landen die 100 Milliarden Euro?

Ampel-Koalition und Unions-Opposition einigen sich auf Sonderverm­ögen für Bundeswehr

- Von Jan Drebes, Birgit Marschall Und Hagen Strauß, Büro Berlin

Berlin – Über Wochen haben die Ampel-Parteien mit den Unionspart­eien um das Sonderverm­ögen für die Bundeswehr gerungen. Nun sind sich beide Seiten einig geworden. Ein Überblick, wann das Geld wofür ausgegeben werden soll – und welche Risiken Kritiker dabei sehen.

Welchen Plan verfolgt die Koalition mit dem Geld ?

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) kündigte das Sonderverm­ögen Ende Februar in seiner „Zeitenwend­e“-Rede im Bundestag an. Mit dem russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine wurde klar, dass Deutschlan­d sich im Osten der Nato stärker engagieren muss. Die dortigen Verbündete­n fürchten, dass sie selbst Ziel von Angriffen werden. Die Ausstattun­g der Bundeswehr gilt seit Jahren als unzureiche­nd, viele Geräte sind nicht einsatzfäh­ig.

Warum kommt das Geld über ein Sonderverm­ögen ?

Um die von der Nato verlangten zwei Prozent Verteidigu­ngsausgabe­n zu erreichen, müsste der deutsche Verteidigu­ngsetat auf rund 70 Milliardak­tion: den Euro steigen. Dieses Jahr liegt er bei 50,4 Milliarden Euro. Doch nach den kreditfina­nzierten Milliarden-Programmen gegen die wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Pandemie will Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) ab dem kommenden Jahr wieder die Schuldenbr­emse einhalten. Das Sonderverm­ögen hat den Vorteil, dass es nicht unter deren Vorgaben fällt.

Was soll mit dem Geld angeschaff­t werden ?

Dies legt ein jährlicher Wirtschaft­splan fest. Bereits klar ist, dass die Nachfolge für die betagten Tornado-Jets der Bundeswehr finanziert werden soll. Hierzu hat das Verteidigu­ngsministe­rium die Beschaffun­g von 35 US-Tarnkappen-Jets F-35 angekündig­t. Hinzu dürften neue Schiffe, Panzer und milliarden­schwere Munitionse­inkäufe kommen. Zudem soll die Schutzausr­üstung der Soldaten verbessert werden. Laut Einigung mit der Union soll die Umsetzung des Wirtschaft­splans „von einem beratenden Gremium des Haushaltsa­usschusses“im Bundestag begleitet werden.

Wie sehen das die Bundeswehr-Verbände ?

Der Präsident des Reserviste­nverbandes, Patrick Sensburg, mahnte rasche Investitio­nen an. Sensburg sagte unserer Re

„Die Rüstungsgü­ter müssen schnell in der Truppe ankommen – die persönlich­e Ausrüstung zum Beispiel schon in den kommenden Monaten.“Auch die Ausstattun­g mit Waffen, ausreichen­d Munition, Kommunikat­ionsmittel­n und Nachtsicht­geräten müsse noch in den nächsten zwölf Monaten erfolgen.

Wie sieht der weitere Zeitplanau­s ?

Nach einer Einigung der Bundesregi­erung mit der opposition­ellen Union könnte der Bundestag am Freitag die Grundgeset­zänderung beschließe­n. Darauf liefen die Planungen hinaus, hieß es.

Wann sollen die Schulden zurückgeza­hlt werden ?

Bundesfina­nzminister Lindner betonte, es werde einen Tilgungspl­an für das Sonderverm­ögen geben. „Das soll nicht allgemein in die Bundesschu­ld umgebucht werden“, sagte er am Montag. Während der Inanspruch­nahme des Sonderverm­ögens solle das Zwei-Prozent-Ziel der Nato eingehalte­n werden. Danach allerdings gelte nicht mehr das Zwei-Prozent-Ziel, sondern das „Fähigkeits­profil“, das die Nato speziell Deutschlan­d zuordnen wird, so Lindner.

Welche Reaktionen gab es aus Ampel und Union ?

Die Einigung zum Sonderverm­ögen für die Bundeswehr ist auf breite Zustimmung in den Ampel-Parteien und der Union gestoßen. Der Sonderfond­s sei „ein gewaltiger Schritt für die Sicherheit Deutschlan­ds und Europas“, erklärte Bundeskanz­ler Scholz am Montag. Die Union sieht ihre Forderunge­n durchgeset­zt und wird nun voraussich­tlich mit großer Mehrheit für die nötige Grundgeset­zänderung stimmen.

Welche Kritik an den Plänengibt es ?

Die Linke will im Bundestag gegen das Sonderverm­ögen stimmen. Die Bundesspre­cherin der Grünen Jugend, SarahLee Heinrich, übte ebenfalls Kritik. „Mit diesem Ergebnis kann man sich nicht zufriedeng­eben. Ständig müssen wir uns an allen Ecken und Enden anhören, dass kein Geld da sei, und nun werden mit einem Fingerschn­ippen 100 Milliarden Euro allein für die Bundeswehr locker gemacht.“SPD-Generalsek­retär Kevin Kühnert betonte, die Ampel-Koalition werde wegen der Sonderschu­lden „von keinem ihrer sozialen Ziele Abstand nehmen“.

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Dpa-BILD: Tittel Sie stehen ganz oben auf der Bestelllis­te der Bundeswehr: US-Kampfjets vom Typ F-35
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