Spannung vor Prozess um den A 20-Weiterbau
An diesem Dienstag geht es vor Gericht um den Bau des ersten Abschnitts im Nordwesten
Westerstede/Leipzig – Nach jahrelangen Verzögerungen verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig an diesem Dienstag, 9 Uhr, über den Weiterbau der sogenannten Küstenautobahn A20 in Niedersachsen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und mehrere Landwirte klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den ersten 13 Kilometer langen Bauabschnitt im Nordwesten Niedersachsens von der A 28 bei Westerstede (Landkreis Ammerland) bis zur A 29 bei Jaderberg.
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Kritik
„Wir halten dieses mit 200 Kilometern längste Neubauprojekt Deutschlands einfach für überflüssig. Es gibt hier keine verkehrlichen Probleme, die durch eine A 20 gelöst werden könnten“, sagte die BUNDKreisvorsitzende im Ammerland, Susanne Grube, jüngst bei einem Pressegespräch. Sie ist auch Sprecherin eines Aktionsbündnisses mehrerer Umweltschutzverbände, das die Klage gegen die Autobahn ebenfalls unterstützt.
Die Umweltschützer kritisieren, dass die zu bauende Trasse wertvolle Landschaften in den Flussniederungen der Elbe und der Oste zerschneiden und große Moorflächen und Wälder zerstören werde. Gerade die Moore seien aber wichtige, natürliche Kohlenstoffsenken, um klimaschädliches CO2 zu binden. „Dieses Potenzial betonieren wir mit der Autobahn zu“, sagte Grube. Außerdem halten die Gegner das Bauvorhaben für zu teuer und unwirtschaftlich.
Der BUND fordert daher, das Infrastrukturprojekt zu stoppen und angesichts von Klimaund Biodiversitätszielen auf den Prüfstand zu stellen.
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Planung
Die A20 soll einmal die Niederlande, Norddeutschland und Polen verbinden. Mit allein 121 Kilometern auf niedersächsischer Seite zählt sie zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten des Bundeslands. Seit Langem endet die vom polnischen Stettin kommende Autobahn aber östlich von
Bad Segeberg in Schleswig-Holstein.
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Prozess
Der Prozess gegen den Planfeststellungsbeschluss der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vom April 2018 und einen Ergänzungsbeschluss vom Februar 2021 hatte sich immer wieder verzögert. Für die mündliche Verhandlung hat das Gericht bislang nur eine Sitzung angesetzt. Ein Urteil sei voraussichtlich an diesem Dienstag nicht zu erwarten, sagte eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Dies solle im Lauf des Junis folgen.
Rückenwind erhoffen sich die Kläger bei der Verhandlung auch von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe vom April 2021, wonach die Politik beim Klimaschutz nachbessern müsse, um die Freiheitsrechte künftiger Generationen zu schützen. Das Klimaschutzgesetz des Bundes greife zu kurz, hatten die Richter geurteilt.
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Die Industrie- und Handelskammern (IHK) für Bremen, Oldenburg und Stade dagegen sprachen sich vor dem Prozess gemeinsam erneut für den Autobahnbau aus. Aus ihrer Sicht bildet die Küstenautobahn einen „dringend erforderlichen Lückenschluss“im transeuropäischen Verkehrsnetz, von dem insbesondere die norddeutschen Küstenländer profitieren würden. „Durch deutlich kürzere Fahrstrecken erfolgt eine bessere Anbindung der Häfen Bremerhaven, Brake, Cuxhaven, Nordenham, Stade und Wilhelmshaven“, teilten die Kammern mit.
Nach deren Ansicht werden sich auch durch den Aufbau von Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven und Stade weitere Unternehmen an der Küste ansiedeln. „Ein entscheidender Standortfaktor ist dabei eine gute Erreichbarkeit über die A 20.“