Nordwest-Zeitung

„Den Genuss beim Essen nicht vergessen“

Ernährungs­beraterin Anna Köpper empfiehlt gesunde saisonale Produkte

- Von Melanie Jülisch

0ldenburg – Wer sich ausgewogen und vielseitig ernährt, der tut seinem Körper viel Gutes. Ganz wichtig: auf eigene Vorlieben achten und sich nicht alles vorschreib­en lassen. Das findet Ernährungs­beraterin Anna Köpper

(Bild) aus Oldenburg. Mehr über eine gesunde Ernährung verrät sie im Interview.

Was genau sind denn die wichtigste­n Bausteine einer guten Ernährung

Eigentlich ist Ernährung etwas sehr Individuel­les, was auch von Faktoren wie der genetische­n Veranlagun­g, der Bewegungsf­reude oder dem aktuellen Stressleve­l abhängt.

Mit Haferflock­en, Beeren und Joghurt gelingt ein guter Start in den Tag.

Die tragende Rolle spielen Makronährs­toffe wie Proteine, Kohlenhydr­ate und Fette. Dazu kommen zahlreiche Mikronährs­toffe wie Vitamine, Mineralien und Spurenelem­ente, die wir in Kleinstmen­gen aufnehmen.

Ist ums Eiweiß ein richtiger Hype entstanden

Ja, das kann man wirklich so sagen. Und natürlich hat die Industrie diesen besonders im Fokus. Eiweiß ist übrigens der einzige Makronährs­toff, dessen Tagesbedar­f ermittelt werden kann. Als ungefähren Richtwert kann man hier 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewi­cht sagen. Klingt im ersten Moment viel, lässt sich aber wirklich durch eine ausgewogen­e Ernährung abdecken. Hier geht es vor allen Dingen um Milchprodu­kte, Eier, Hülsenfrüc­hte und Fleisch. Für Veganer ist dies natürlich etwas schwierige­r. Sie können verstärkt bei Nüssen und Hülsenfrüc­hte sowie deren Erzeugniss­en, beispielsw­eise Tofu, zugreifen. Isst man mal zu wenig, ist das nicht schlimm. Nur wenn es häufiger zu einem Proteinman­gel kommt, greift der Körper auf die Muskelmass­e zurück. Auch bei Calcium, das ja sehr wichtig ist für die Knochen, haben Veganer sicher Probleme, oder

Viele Milchersat­zprodukte wie Hafer- oder Sojamilch sind inzwischen mit Calcium angereiche­rt, damit hier kein Mangel entsteht. Ansonsten ist grünes Gemüse wie Brokkoli oder Grünkohl eine wichtige Quelle, aber auch Sesam und Nüsse, hier besonders Haselnüsse oder Paranüsse.

Viele greifen gerne auf Nahrungser­gänzungspr­odukte zurück. Eine empfehlens­werte Alternativ­e

Nicht wirklich. Klar gibt es Menschen, die einen erhöhten Bedarf an speziellen Nährstof

Hier bloß nicht sparen: Gemüse – am besten aus der Region – enthält viele wertvolle Inhaltssto­ffe.

fen haben und dies gemeinsam mit einem Arzt oder Ernährungs­berater abklären sollten. Und natürlich gibt es auch kritische Nährstoffe wie Jod oder Folsäure, die sich nicht immer gut über die Ernährung abdecken lassen. Aber auch hier gibt es Tricks, beispielsw­eise indem man zu jodhaltige­m oder folsäureha­ltigem Salz greift. Das Problem von Nahrungser­gänzungsmi­tteln ist, dass diese oft überdosier­t werden. Viel hilft aber nicht wirklich viel. In den meisten Fällen ist das kein Problem, da alles Überschüss­ige wieder ausgeschie­den wird. Es kann aber auch sein, dass es zu körperlich­en Beschwerde­n kommt. Das einzige, was ich gesunden Menschen wirklich als Supplement empfehlen kann, ist die Einnahme von Vitamin D in der dunklen Jahreszeit. Da dieses Hormon nur unter Sonneneins­trahlung produziert wird, bekommt der Körper dann definitiv zu wenig.

Sättigende­s Vollkornbr­ot und Haferflock­en sowie vitaminhal­tiges Obst und Gemüse auf keinen Fall fehlen, richtig

Ja, wobei man bei Obst am besten zu saisonalen und regionalen Produkten greift. Da nämlich inzwischen jede Obstsorte fast das ganze Jahr über verfügbar ist, nimmt man natürlich auch sehr viel Fruchtzuck­er zu sich, was wiederum nicht sehr gesund ist. Gemüse darf man bedeutend mehr essen, wobei eine schonende Zubereitun­g wichtig ist,

um die wertvollen Inhaltssto­ffe zu erhalten. Allerdings sollte man auch auf Abwechslun­g achten, damit der Genuss nicht zu kurz kommt: mal aus dem Kochtopf, aus dem Ofen oder der Pfanne. Nichts einzuwende­n ist übrigens gegen Gemüse aus der Tiefkühltr­uhe. Es hat oftmals mehr Nährstoffe als das frisch gekaufte. Allerdings sind die Aromen nicht so reichhalti­g, was gerade für Kinder nicht so gut ist. Sie werden geschmackl­ich früh geprägt, daher sollte man ihnen auch etwas Gutes bieten. Worauf sollte man unbedingt verzichten

Ich finde, man darf alles essen – in Maßen. Wenn jemand eine Handvoll Gummibärch­en am Tag braucht, um glücklich zu sein, dann ist das völlig in Ordnung. Anders sähe es natürlich bei einer ganzen Tüte aus. Verzichten sollte man aber auf hektisches und schnelles Essen zwischendu­rch. Oder auch darauf, Mahlzeiten einfach ausfallen zu lassen. Das wiederum sorgt meist für Heißhunger am Abend und kann schnell zu Übergewich­t führen. Gerade in unserer heutigen stressigen Zeit, in der viele Menschen leider auch immer weniger auf ihr Körpergefü­hl hören und sich viel von anderen auch in punkto Ernährung vorschreib­en lassen, ist es besonders wichtig, den Mahlzeiten wieder eine Struktur zu verleihen und sie in Ruhe zu genießen. Das fördert nicht nur die Darmgesund­heit, sondern auch die Zufriedenh­eit.

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BILD: pixabay
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