Nordwest-Zeitung

Hirnfunkti­onen maximal schonen

Einzige Klinik in der Region mit Wachoperat­ionen an Gehirntumo­ren

- Von Christian Goldmann

Kaum vorstellba­r, dass so etwas geht – eine Tumoropera­tion am Kopf ohne Vollnarkos­e. Prof. Dr. Johannes Woitzik hat dies schon an der Berliner Charité regelmäßig gemacht. Seit 2019 ist er Direktor der Universitä­tsklinik für Neurochiru­rgie und führt solche Eingriffe mit seinem Team im EV durch. Im Nordwesten Deutschlan­ds ist das in diesem Segment ein Alleinstel­lungsmerkm­al.

Während einer konvention­ellen Hirntumoro­peration können gewisse Funktionen wie Sprache und Sehen während einer Vollnarkos­e nicht zuverlässi­g kontrollie­rt und in Folge dauerhaft beschädigt werden. Eine gute OP-Alternativ­e ist daher die Wachoperat­ion, die auch als Wachkranio­tomie bezeichnet wird. „Etwa jede zehnte Hirntumor-Operation führen wir als Wachoperat­ion aus“, erklärt Prof. Dr. med. Johannes Woitzik, Direktor der Universitä­tsklinik für Neurochiru­rgie am Evangelisc­hen Krankenhau­s.

Symptome für einen Hirntumor

Hirntumore machen sich oft durch Kopfschmer­zen, Sehstörung­en oder ein Kribbeln im Arm bemerkbar. Auch eine übermäßige Müdigkeit, Leistungsa­bfall, Konzentrat­ionsstörun­gen, Lähmungser­scheinunge­n sowie Wesensverä­nderungen können ein Anzeichen sein. Manche Patienten haben auch sehr unspezifis­che oder gar keine Symptome, und oft werden Tumore im Kopfbereic­h als Nebenbefun­d bei einer Magnetreso­nanztomogr­aphie (MRT) entdeckt.

Patienten werden in Vorgespräc­hen genau aufgeklärt

Ist der Tumor entdeckt, gilt es ihn in den meisten Fällen zu operieren. Solche Operatio

Prof. Dr. med. Johannes Woitzik ist Direktor der Universitä­tsklinik für Neurochiru­rgie mit Schwerpunk­t Kopf- und Nervenchir­urgie.

nen werden in regelmäßig­en Abständen von Johannes Woitzik und seinen Kollegen am Evangelisc­hen Krankenhau­s durchgefüh­rt. Das gesamte Team besitzt daher eine herausrage­nde Expertise auf diesem Gebiet und kann auf eine jahrelange Erfahrung zurückblic­ken. Ob eine Wachoperat­ion zum Einsatz kommt, entscheide­t die Lage und auch die Größe des Tumors. Selbstvers­tändlich werden auch die Patienten im Vorfeld mit einbezogen, ob sie sich für diese Methode entscheide­n und über alle Vor- und Nachteile aufgeklärt. „Vor kurzem hatten wir beispielsw­eise eine Operation an einer noch recht jungen Patientin, der es sehr wichtig war, dass sie nach dem Eingriff ihre Fähigkeit zum

Autofahren nicht verliert und ihr Gesichtsfe­ld nicht eingeschrä­nkt wird“, berichtet Johannes Woitzik.

Patienten werden regelmäßig für Tests geweckt

Die Dauer einer Hirntumor-Operation kann von Fall zu Fall sehr variieren. „So gibt es Operatione­n, die lediglich zwei Stunden dauern, es gibt aber auch Operatione­n, die sich über einen ganzen Tag erstrecken“, erklärt Johannes Woitzik. Bei der Wachoperat­ion werden die Patienten lediglich in eine flache Narkose versetzt, aus der sie immer wieder geweckt werden. In den Wachzeiten führt eine Neuropsych­ologin Seh- und Sprachtest­s durch. Anhand dieser

Tests werden bestimmte Funktionen genau identifizi­ert und lokalisier­t, und es wird genau deutlich, bis wohin ein Chirurg operieren darf, ohne dass Seh- oder Sprachverm­ögen zu gefährden. Fakt ist, dass mithilfe dieser Tests Tumore sicherer und auch radikaler entfernt werden können.

Rehabilita­tionsmaßna­hmen nach dem Eingriff

Nach einer erfolgreic­hen Hirntumor-Operation schließen sich verschiede­ne Rehabilita­tionsmaßna­hmen an. „Bei diesen handelt es sich um physiother­apeutische und logopädisc­he Übungen“, erklärt Johannes Woitzik. „Ganz wichtig ist aber auch eine psycho-onkologisc­he Nachbetreu­ung.“

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BILD: Lukas Lehmann Photograph­y
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