Wenn die Gefäßwand reißt
In schlimmen Fällen drohen lebensbedrohliche Komplikationen
Oldenburg – Eine akute Aortendissektion macht sich fast immer mit ähnlichen Leitsymptomen bemerkbar wie ein deutlich häufiger vorkommender Herzinfarkt. Bei beiden Erkrankungen stellt sich von einem Moment auf den anderen ein reißender Vernichtungsschmerz im Brustbereich ein, der bis in den Bauch- und Rückenbereich ausstrahlen kann.
Im Verdachtsfall muss per 112 sofort der Rettungsdienst alarmiert werden, der den Betroffenen in die Notaufnahme eines Krankenhauses bringt, das möglichst auf die Behandlung von Herz- und Gefäßerkrankungen spezialisiert ist. Dort kann binnen weniger Minuten mit ärztlichem Knowhow sowie einer modernen bildgebenden Diagnostik abgeklärt werden, ob es sich um eine akute Aortendissektion handelt und an welcher Stelle sie aufgetreten ist.
Ursache einer Aortendissektion ist ein ohne Vorwarnung entstehender Riss in der Innenwand der Hauptschlagader. Das so erzeugte Volumen wird durch den Druck des weiter pulsierenden Bluts weiter vergrößert. Je nach Ort des Problembereichs kann der unnatürliche Hohlraum eine Minderdurchblutung von Organen wie etwa dem Gehirn oder auch Gliedmaßen wie den Armen und Beinen verursachen. Die möglichen Folgen reichen vom Schlaganfall und Nierenversagen bis zum Verschluss der Darmarterien und einer Querschnittslähmung.
Innere Blutungen
Darüber hinaus können weitere gefährliche Komplikationen entstehen. Wenn die Gefäßwand infolge des Drucks platzt, kann es zu schweren inneren Blutungen im Brustkorb oder im Bauchraum kommen. Bei einer ebenfalls möglichen übermäßigen Ansammlung von Blut im Herzbeutel wird das Herz zusammengedrückt.
Dr. Julian Skupin zeigt an einem Computerbild, wo die Problemstelle einer behandlungsbedürftigen Typ B-Aortendissektion liegt.
Ohne medizinische Gegenmaßnahmen droht ein tödliches Herz-/Kreislaufversagen.
Eine Aortendissektion kann lebensbedrohlich werden, aber auch viel harmloser verlaufen. Sicher ist, dass sie eine komplexe Erkrankung ist, die in unterschiedlichen Ausprägungen und Formen auftreten kann. Neben der stets lebensbedrohlichen akuten gibt es auch die die chronische Form, die oft lange Zeit unerkannt bleibt, weil sie kaum oder gar keine Beschwerden verursacht. Der Riss in der Aortenwand wird vom Organismus dann praktisch selbst repariert und bleibt im besten Fall dauerhaft verschlossen.
„Es kann aber auch sein, dass
es erneut zu einer Ruptur kommt, die eine umgehende medizinische Intervention erfordert“, berichtet Dr. Julian Skupin, Facharzt für Gefäßchirurgie in der Klinik für Gefäßund endovaskuläre Chirurgie im Pius-Hospital Oldenburg. Das gilt insbesondere dann, wenn Risikofaktoren wie vor allem Bluthochdruck oder Rauchen vorliegen, die das Entstehen einer Aortendissektion begünstigen. In seltenen Fällen ist ein erhöhtes Dissektionsrisiko genetisch bedingt.
Oft Nebenerkrankungen
Die meisten Betroffenen leiden abgesehen vom Bluthochdruck
zusätzlich unter weiteren Nebenerkrankungen wie zum Beispiel einem Diabetes oder Schädigungen des Herz-/Kreislaufsystems. Entsprechend riskant ist häufig der operative Eingriff bei einer akuten Aortendissektion. „Oft handelt es sich um Patienten mit sehr schweren Vorerkrankungen, die mitunter schon für sich lebensbedrohlich sind“, betont Dr. Skupin. Das damit erhöhte Komplikationsrisiko müsse man aber bei einem akuten Ereignis eingehen, wenn die Operation die einzige Möglichkeit ist, das Leben des Patienten retten zu können.