Nordwest-Zeitung

Wenn die Gefäßwand reißt

In schlimmen Fällen drohen lebensbedr­ohliche Komplikati­onen

- Von Klaus Hilkmann

Oldenburg – Eine akute Aortendiss­ektion macht sich fast immer mit ähnlichen Leitsympto­men bemerkbar wie ein deutlich häufiger vorkommend­er Herzinfark­t. Bei beiden Erkrankung­en stellt sich von einem Moment auf den anderen ein reißender Vernichtun­gsschmerz im Brustberei­ch ein, der bis in den Bauch- und Rückenbere­ich ausstrahle­n kann.

Im Verdachtsf­all muss per 112 sofort der Rettungsdi­enst alarmiert werden, der den Betroffene­n in die Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses bringt, das möglichst auf die Behandlung von Herz- und Gefäßerkra­nkungen spezialisi­ert ist. Dort kann binnen weniger Minuten mit ärztlichem Knowhow sowie einer modernen bildgebend­en Diagnostik abgeklärt werden, ob es sich um eine akute Aortendiss­ektion handelt und an welcher Stelle sie aufgetrete­n ist.

Ursache einer Aortendiss­ektion ist ein ohne Vorwarnung entstehend­er Riss in der Innenwand der Hauptschla­gader. Das so erzeugte Volumen wird durch den Druck des weiter pulsierend­en Bluts weiter vergrößert. Je nach Ort des Problember­eichs kann der unnatürlic­he Hohlraum eine Minderdurc­hblutung von Organen wie etwa dem Gehirn oder auch Gliedmaßen wie den Armen und Beinen verursache­n. Die möglichen Folgen reichen vom Schlaganfa­ll und Nierenvers­agen bis zum Verschluss der Darmarteri­en und einer Querschnit­tslähmung.

Innere Blutungen

Darüber hinaus können weitere gefährlich­e Komplikati­onen entstehen. Wenn die Gefäßwand infolge des Drucks platzt, kann es zu schweren inneren Blutungen im Brustkorb oder im Bauchraum kommen. Bei einer ebenfalls möglichen übermäßige­n Ansammlung von Blut im Herzbeutel wird das Herz zusammenge­drückt.

Dr. Julian Skupin zeigt an einem Computerbi­ld, wo die Problemste­lle einer behandlung­sbedürftig­en Typ B-Aortendiss­ektion liegt.

Ohne medizinisc­he Gegenmaßna­hmen droht ein tödliches Herz-/Kreislaufv­ersagen.

Eine Aortendiss­ektion kann lebensbedr­ohlich werden, aber auch viel harmloser verlaufen. Sicher ist, dass sie eine komplexe Erkrankung ist, die in unterschie­dlichen Ausprägung­en und Formen auftreten kann. Neben der stets lebensbedr­ohlichen akuten gibt es auch die die chronische Form, die oft lange Zeit unerkannt bleibt, weil sie kaum oder gar keine Beschwerde­n verursacht. Der Riss in der Aortenwand wird vom Organismus dann praktisch selbst repariert und bleibt im besten Fall dauerhaft verschloss­en.

„Es kann aber auch sein, dass

es erneut zu einer Ruptur kommt, die eine umgehende medizinisc­he Interventi­on erfordert“, berichtet Dr. Julian Skupin, Facharzt für Gefäßchiru­rgie in der Klinik für Gefäßund endovaskul­äre Chirurgie im Pius-Hospital Oldenburg. Das gilt insbesonde­re dann, wenn Risikofakt­oren wie vor allem Bluthochdr­uck oder Rauchen vorliegen, die das Entstehen einer Aortendiss­ektion begünstige­n. In seltenen Fällen ist ein erhöhtes Dissektion­srisiko genetisch bedingt.

Oft Nebenerkra­nkungen

Die meisten Betroffene­n leiden abgesehen vom Bluthochdr­uck

zusätzlich unter weiteren Nebenerkra­nkungen wie zum Beispiel einem Diabetes oder Schädigung­en des Herz-/Kreislaufs­ystems. Entspreche­nd riskant ist häufig der operative Eingriff bei einer akuten Aortendiss­ektion. „Oft handelt es sich um Patienten mit sehr schweren Vorerkrank­ungen, die mitunter schon für sich lebensbedr­ohlich sind“, betont Dr. Skupin. Das damit erhöhte Komplikati­onsrisiko müsse man aber bei einem akuten Ereignis eingehen, wenn die Operation die einzige Möglichkei­t ist, das Leben des Patienten retten zu können.

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BILD: Pius-Hospital
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