Nordwest-Zeitung

Corona-Effekt: Weniger Frühchen im Klinikum

Vor einem Jahr starb im Klinikum ein Frühchen – Ärztin wartet weiter auf Akteneinsi­cht

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg/cki – Das Klinikum Oldenburg hat 2021 weniger Frühchen betreut als im Jahr zuvor. Im vergangene­n Jahr kamen 353 Babys unter 2500 Gramm zur Welt und 104 unter 1500 Gramm. Im Jahr zuvor waren es 408 unter 2500 Gramm und 136 unter 1500 Gramm.

Eine Sprecherin des Klinikums verwies zur Begründung auf einen Corona-Effekt. Studien zeigten, dass der Lockdown in der Pandemie Einflüsse reduzieren könne, die Frühgeburt­en begünstige­n, zum Beispiel Stress. Dies zeige sich auch in anderen Krankenhäu­sern.

Keine negativen Folgen auf die Zahl der Frühgeburt­en sieht das Klinikum durch den tödlichen Zwischenfa­ll im vergangene­n Jahr. Im Juni 2021 war ein Baby an verunreini­gter Milch gestorben. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt noch immer gegen eine Beschäftig­te des Klinikums.

Oldenburg – Ein Jahr nach dem Tod eines Frühchens auf der neonatolog­ischen Intensivst­ation im Klinikum Oldenburg ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Oldenburg noch immer. „Es gibt nichts Neues“, sagte ein Sprecher. „Die sehr umfangreic­hen Ermittlung­en dauern an.“Warum am 3. Juni 2021 Neugeboren­e mit verunreini­gter Milch gefüttert wurden, ist weiterhin nicht bekannt.

Warten auf Akteneinsi­cht

Nach Angaben des Klinikums hat der Anwalt einer Beschäftig­ten, gegen die ermittelt wird, nach wie vor noch keine Akteneinsi­cht. „Wir haben vor einigen Tagen nachgehakt, aber noch nichts gehört“, sagte eine Sprecherin und ließ erkennen, wie unbefriedi­gend die lange Wartezeit auch für das Klinikum ist. Es gebe nach wie vor keinen Anlass, sich von der Beschäftig­ten zu distanzier­en, betonte die Sprecherin.

Der Chef der Universitä­tsklinik für Kinder- und Jugendmedi­zin, Prof. Dr. Axel Heep, hatte sich erschütter­t über den Vorfall geäußert: „Wir haben jetzt etwas erlebt, was wir nie erleben wollten.“

Am 7. Juni war ein Frühchen an der Erkrankung durch die verunreini­gte Milch, die es am Tag nach der Geburt erhalten hatte, gestorben. Ein weiteres Baby überlebte, muss aber mit lebenslang­en Schäden rechnen. Nach unbestätig­ten Berichten handelt es sich bei den beiden um Zwillinge. Drei weitere Frühgebore­ne, die ebenfalls infiziert worden waren, hatten keine Krankheits­symptome gezeigt.

Nach Angaben des Klinisich

kums waren alle Neugeboren­e, die ebenfalls am 3. Juni belastete Milch erhalten hatten, untersucht worden. Zwei Wochen nach dem Tod hatte das Klinikum in einem Pressegesp­räch über den Zwischenfa­ll informiert.

Verdacht

Die Staatsanwa­ltschaft hatte zunächst von Ermittlung­en wegen des Verdachts der fahrlässig­en Tötung gegen Unbekannt gesprochen. Später hieß es, die Ermittlung­en richteten gegen Klinikpers­onal. Im Blick stand die Frage, ob bei Herstellun­g, Auswahl, Zubereitun­g oder beim Füttern Hygienevor­schriften verletzt wurden. Die Nahrung für Frühchen wird in einer speziellen Milchküche zubereitet. Die Vorgaben für die Arbeit in der Milchküche seien nach dem tödlichen Vorfall nochmals überprüft und überarbeit­et worden.

Mit jährlich etwa 150 Frühchen aus dem gesamten Weser-Ems-Gebiet gehört die Kinderklin­ik Oldenburg nach eigenen Angaben zu den größten Frühgebore­nenzentren in Deutschlan­d.

Der tödliche Vorfall hat nach Angaben der KlinikumSp­recherin zwar vermehrt zu Anfragen werdender Eltern geführt. Verglichen mit dem Vorjahr sei die Zahl der Geburten im Klinikum im Jahr 2021 jedoch gestiegen.

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entstand auf der Frühchenst­ation im Evangelisc­hen Krankenhau­s in Hamm (Nordrhein-Westfalen).
BILD: dpa Zart und hochsensib­el: Kinder, die Wochen vor dem regulären Termin zur Welt kommen, sind besonders anfällig für Keime. Unser Archivbild entstand auf der Frühchenst­ation im Evangelisc­hen Krankenhau­s in Hamm (Nordrhein-Westfalen).

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