Nordwest-Zeitung

So viele Vogelarten wie noch nie vor dem Aussterben

„Rote Liste“zeigt erschrecke­ndes Ergebnis – Minister Lies mahnt konsequent­es Handeln an

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover/Oldenburg – Dieser Befund ist alarmieren­d: 36 Vogelarten sind in Niedersach­sen vom Aussterben bedroht – so viele wie noch nie. Das ist das Ergebnis der aktuellen Fassung der „Rote Liste Brutvögel“, die der Niedersäch­sische Landesbetr­ieb für Wasserwirt­schaft, Küsten- und Naturschut­z (NLWKN) erstellt hat. Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) sprach am Mittwoch in Hannover von einem „erschrecke­nden Ergebnis“. Das Artensterb­en schreite weiter voran. Es gelte, hinzuschau­en und konsequent zu handeln.

Die „Rote Liste“stellt die Gefährdung­ssituation von 212 in Niedersach­sen und Bremen brütenden Vogelarten dar. Seit Beginn der Aufzeichnu­ngen seien 15 Arten ausgestorb­en. Dazu zählen das Auerhuhn, die Moorente, die Großtrappe und der Brachpiepe­r.

„Ungeheurer Aderlass“

„Die neue Rote Liste dokumentie­rt einen ungeheuren Aderlass an heimischer Biodiversi­tät“, sagt der Autor der Studie, Thorsten Krüger (50) aus Oldenburg. Nur noch 43 Prozent der Brutvögel würden als „ungefährde­t“eingestuft. Seit 1980 gebe es 2,2 Millionen Brutpaare weniger. Zwar gebe

es bei manchen Beständen einen Zuwachs. Hier handele es sich aber um Arten wie die Ringeltaub­e, das Rotkehlche­n oder die Amsel, die sich den Bedingunge­n in Wohnsiedlu­ngen angepasst hätten.

Zu den 36 vom Aussterben bedrohten Vogelarten gehören etwa das Birkhuhn, der Goldregenp­feifer, die Rohrdommel, der Grauspecht und die Haubenlerc­he. An der Küste sei das Rebhuhn, im östlichen Niedersach­sen die Uferschnep­fe vom Aussterben bedroht. Für die „Rote Liste“wird Niedersach­sen in vier Regionen aufgeteilt. Im Nordwesten sei die Situation aber kaum anders als im Hügel- und Bergland von Ostnieders­achsen.

Großer Flächenfra­ß

Ursachen für das Artensterb­en seien die Zerstörung natürliche­r Lebensräum­e durch Siedlungsb­au und Landwirtsc­haft, der Klimawande­l, aber auch die direkte Verfolgung. So werde die Turteltaub­e im Mittelmeer­raum stark bejagt, sagte Krüger. Der Kipppunkt sei überschrit­ten; die Art werde sich nicht mehr erholen.

Minister Lies kündigte weitere Gespräche mit der Landwirtsc­haft an, um die Situation zu verbessern. 15 von 20 gefährdete­n Arten siedeln auf Wiesen und Feldern.

Aber es gibt auch Lichtblick­e: An der Küste habe sich der Bestand der Brandseesc­hwalbe von 1600 Paaren im Jahr 1976 auf 6075 Paare 2020 erholt. Das Beispiel zeige, dass der Nationalpa­rk Niedersäch­sisches Wattenmeer den nötigen Platz biete, seltene Vogelarten erfolgreic­h zu schützen.

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BILD: Krüger/NLWKN Population geht zurück: die Uferschnep­fe

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