So viele Vogelarten wie noch nie vor dem Aussterben
„Rote Liste“zeigt erschreckendes Ergebnis – Minister Lies mahnt konsequentes Handeln an
Hannover/Oldenburg – Dieser Befund ist alarmierend: 36 Vogelarten sind in Niedersachsen vom Aussterben bedroht – so viele wie noch nie. Das ist das Ergebnis der aktuellen Fassung der „Rote Liste Brutvögel“, die der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erstellt hat. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) sprach am Mittwoch in Hannover von einem „erschreckenden Ergebnis“. Das Artensterben schreite weiter voran. Es gelte, hinzuschauen und konsequent zu handeln.
Die „Rote Liste“stellt die Gefährdungssituation von 212 in Niedersachsen und Bremen brütenden Vogelarten dar. Seit Beginn der Aufzeichnungen seien 15 Arten ausgestorben. Dazu zählen das Auerhuhn, die Moorente, die Großtrappe und der Brachpieper.
„Ungeheurer Aderlass“
„Die neue Rote Liste dokumentiert einen ungeheuren Aderlass an heimischer Biodiversität“, sagt der Autor der Studie, Thorsten Krüger (50) aus Oldenburg. Nur noch 43 Prozent der Brutvögel würden als „ungefährdet“eingestuft. Seit 1980 gebe es 2,2 Millionen Brutpaare weniger. Zwar gebe
es bei manchen Beständen einen Zuwachs. Hier handele es sich aber um Arten wie die Ringeltaube, das Rotkehlchen oder die Amsel, die sich den Bedingungen in Wohnsiedlungen angepasst hätten.
Zu den 36 vom Aussterben bedrohten Vogelarten gehören etwa das Birkhuhn, der Goldregenpfeifer, die Rohrdommel, der Grauspecht und die Haubenlerche. An der Küste sei das Rebhuhn, im östlichen Niedersachsen die Uferschnepfe vom Aussterben bedroht. Für die „Rote Liste“wird Niedersachsen in vier Regionen aufgeteilt. Im Nordwesten sei die Situation aber kaum anders als im Hügel- und Bergland von Ostniedersachsen.
Großer Flächenfraß
Ursachen für das Artensterben seien die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch Siedlungsbau und Landwirtschaft, der Klimawandel, aber auch die direkte Verfolgung. So werde die Turteltaube im Mittelmeerraum stark bejagt, sagte Krüger. Der Kipppunkt sei überschritten; die Art werde sich nicht mehr erholen.
Minister Lies kündigte weitere Gespräche mit der Landwirtschaft an, um die Situation zu verbessern. 15 von 20 gefährdeten Arten siedeln auf Wiesen und Feldern.
Aber es gibt auch Lichtblicke: An der Küste habe sich der Bestand der Brandseeschwalbe von 1600 Paaren im Jahr 1976 auf 6075 Paare 2020 erholt. Das Beispiel zeige, dass der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer den nötigen Platz biete, seltene Vogelarten erfolgreich zu schützen.