Nordwest-Zeitung

Im Schatten der Corona-Pandemie

Ministerpr­äsidenten konferiere­n in Präsenz – Doch im Herbst könnte das wieder anders werden

- Von Dorothea Hülsmeier Und Andreas Hoenig

Berlin – Wegen einer befürchtet­en neuen Corona-Welle im Herbst und Winter machen die Länder Druck auf den Bund, rechtzeiti­g Schutzmaßn­ahmen vorzuberei­ten. Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) sagte am Donnerstag nach einem Treffen der Länderchef­s in Berlin, der Bund habe die Entscheidu­ng getroffen, selbst stärker in die Verantwort­ung zu gehen, und solle nun sagen, wie es weitergehe. „Wir wollen alle kein weiteres Hin und Her zwischen Lockdowns und Lockerunge­n, wie wir es in der Vergangenh­eit gesehen haben“, sagte Wüst, der aktuell Vorsitzend­er der Ministerpr­äsidentenk­onferenz (MPK) ist.

Die Länderchef­s berieten im Anschluss im Kanzleramt mit Olaf Scholz über die Corona-Lage sowie die Folgen des russischen Angriffskr­ieges auf die Ukraine für die Energiesic­herheit Deutschlan­ds.

■ Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) plant bereits umfassende Vorkehrung­en für eine voraussich­tlich wieder angespannt­ere Corona-Lage nach dem Sommer. „Wir dürfen nicht erneut unvorberei­tet wie im letzten Herbst in die Krise gehen“, sagte er. Dazu gehörten Konzepte zu Impfungen und Tests, genauere Daten zur Belastung von Kliniken, ein besserer Schutz von Risikogrup­pen etwa in Pflegeheim­en sowie Änderungen des Infektions­schutzgese­tzes. Zu den vorgesehen­en Änderungen äußerte sich Lauterbach nicht näher. Die jetzige Rechtsgrun­dlage für mögliche Schutzaufl­agen in den Ländern läuft zum 23. September aus.

Die Länder-Gesundheit­sminister hatten in einem einstimmig­en Beschluss bereits mögliche Instrument­e aufgeliste­t. Ab Herbst könnte demnach beispielsw­eise mit einer Maskenpfli­cht in Innenräume­n reagiert werden. Zudem soll es um 2G- oder 3G-Zugangsreg­eln für bestimmte Einrichtun­gen gehen.

Als Konsequenz des russischen Angriffskr­ieges forderte Wüst im Namen der Länder, Abhängigke­iten Deutschlan­ds von autoritäre­n Regimen künftig umfassend zu vermeiden. „Bei allen systemrele­vanten Gütern und Technologi­en“müsse Deutschlan­d unabhängig werden. Und das Land müsse so schnell wie möglich unabhängig vom Import russischer Energie werden. Deshalb müsse es mehr Tempo beim Ausbau erneuerbar­er Energien geben.

Die Bundesländ­er halten ein stärkeres staatliche­s Vorgehen gegen Energiekon­zerne wegen hoher Gewinne infolge des Ukraine-Krieges für nötig. Sie wollen die Bundesregi­erung bitten, „regulatori­sche Maßnahmen

zu ergreifen, um die weitere Spekulatio­n mit Öl, mit Gas, mit Strom zu unterbinde­n“, sagte Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) als Vize-Vorsitzend­e der MPK. Preiserhöh­ungen der vergangene­n Wochen müssten kartellrec­htlich überprüft werden.

Bremen will am 10. Juni einen Antrag in den Bundesrat einbringen mit dem Ziel, Übergewinn­e von Mineralölk­onzernen infolge von Preissprün­gen wegen des UkraineKri­eges teilweise mit einer zeitlich befristete­n Sondersteu­er zu belegen.

Angesichts einer Inflations­rate von rund acht Prozent fordern die Ministerpr­äsidenten höhere steuerlich­e Entlastung­en auch für Rentner. Darüber herrsche „große Einigkeit“, sagte Wüst. Er glaube, dass die Problemati­k nur zu lösen sei, wenn es die Bereitscha­ft gebe, über weitere steuerlich­e Maßnahmen

zu reden, antwortete Wüst auf die Frage, was er von der Bundesregi­erung erwarte. Vorschläge, etwa zur Entlastung­en bei Strom-, Energieund Mehrwertst­euern, lägen ja bereits auf dem Tisch.

Die Bundesländ­er sprachen sich für die Wiedereinf­ührung einer Pflichtver­sicherung für Elementars­chäden für alle Gebäudebes­itzer aus. Der Bund soll nun bis Jahresende einen Vorschlag für eine Regelung erarbeiten. Zuvor hatten die Justizmini­ster bei ihrer Konferenz in Schwangau im Allgäu festgestel­lt, dass eine Pflichtver­sicherung verfassung­srechtlich durchaus möglich sei. Nach den Hochwasser­katastroph­en im Sommer 2021 war eine neue Debatte darüber entbrannt, wie Schäden besser abgesicher­t werden könnten. Nach Angaben von Wüst am Donnerstag­abend hat der Bund zugesagt, die Einführung zu prüfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany