Ein bisschen mehr EU in Dänemark
Skandinavisches Land schafft Verteidigungsvorbehalt ab – Nun Beteiligung an Militärmissionen
Kopenhagen/Brüssel – Wenn es um Integration in die Europäische Union geht, waren die Dänen über Jahrzehnte stolz auf ihren Sonderstatus. Gemeinsamer Markt ja, aber bitte keinen Euro, bitte keine Justizund Polizeizusammenarbeit und vor allem: keine gemeinsame Militärpolitik. Putins Krieg gegen die Ukraine hat auch das verändert. Holten sich frühere Regierungschefs bei ihren Landsleuten stets blutige Nasen, wenn sie Dänemark wieder mehr in die EU-Strukturen bringen wollten, wurde die aktuelle Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nun für ihren Mut belohnt, die Dänen über das Ende ihres Sonderstatus außerhalb der EU-Sicherheitsstruk
Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen kommt mit dem Stimmzettel aus der Wahlkabine in Vaerloese.
turen abstimmen zu lassen: Zwei Drittel folgten ihr.
Klares Votum
Nach diesem klaren Votum hat es die Regierung nun eilig. Bereits ab 1. Juli soll Dänemark
allen Facetten bei der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) mitmachen – inklusive gemeinsamer Streitkräfte, Schneller Eingreiftruppe für die Sicherung gefährdeter EURegionen und Beteiligung an Friedensmissionen.
Die auf ihre Selbstständigkeit bedachten Dänen vollziehen damit einen ähnlichen Trend wie die bislang auf ihre Neutralität bedachten Finnen und Schweden. Während die östlichen Skandinavier zwar in der EU-Verteidigung mitwirkten, aber traditionell der Nato fernblieben, gehörten die Dänen zwar zu den Gründungsmitgliedern des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses, mochten aber bei der EU zum Beispiel keine Militärmissionen mitmachen. Nun vollziehen alle drei Nationen den
Schulterschluss in EU und Nato. Der lange nicht für möglich gehaltene Stimmungsumschwung in Schweden und Finnland dürfte auch an den Dänen nicht spurlos vorbeigegangen sein.
Immer wieder „Nej“
Als eigenständige Nation oder im Nato-Rahmen hatten sie sich bereits an internationalen Einsätzen beteiligt, waren etwa in Afghanistan engagiert und bildeten auch einen Bestandteil der „Koalition der Willigen“im Feldzug der USA gegen den Irak.
Derweil startete die EU fast drei Dutzend Auslandseinsätze, bei deren militärischer Komponente die Dänen stets „Nej“sagten. Nun wird die gut 25000 Soldaten zählende dänische Armee zügig in die Plain nungs-, Koordinierungs- und Vorbereitungsstäbe der EUVerteidigungspolitik einrücken.
Beachtung fand bei den Dänen auch die Entscheidung ihres südlichen Nachbarn Deutschland, 100 Milliarden Euro in die Ausrüstung der Bundeswehr zu stecken und sie zur größten konventionellen Streitmacht in Europa zu machen. Über den Eintritt in die EU-Verteidigungsstrukturen kann nun auch Dänemark im Zweifel mit mehr Schutz rechnen.
Mit dem Argument, wenn die Welt sich zu einem Schlechteren verändere, dürfe Dänemark nicht stehenbleiben, hatte sich Frederiksen entschlossen, ihren Landsleuten „von ganzem Herzen ein Ja“zu empfehlen. 66,9 Prozent sahen es wie sie.