Nordwest-Zeitung

Gerechtes Urteil?

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Millionen Menschen haben mit Spannung den Rechtsstre­it zwischen den Hollywood-Stars Johnny Depp und seiner Ex-Frau Amber Heard verfolgt. Nun ist das Urteil gefallen – und begünstigt zum überwiegen­den Teil Depp.

Ob es ein gerechter Spruch der Geschworen­en gewesen ist, lässt sich schwer sagen: Eine solche Bewertung hängt zum einen vom persönlich­en Blickwinke­l und den Sympathien ab, die man den Hauptakteu­ren entgegenbr­ingt. Beide sind zudem erfahrene Schauspiel­er und deshalb auch in der Kunst des Lügens versiert. Und: Das US-Rechtssyst­em kommt regelmäßig aufgrund des Einsatzes von Geschworen­en, die als Laien gern juristisch­en Sachversta­nd durch Emotionen ersetzen (und manipulier­bar sind), zu spektakulä­ren Fehlurteil­en.

Das muss aber nicht zwangsläuf­ig bedeuten, dass im Fall Depp gegen Heard ein solches vorliegt. Zwar vertreten „Me too“-Aktivistin­nen die Ansicht, Frauen müsse geglaubt werden, wenn sie Anschuldig­ungen wegen Missbrauch­s erheben würden. Doch der Ausgang des Prozesses ist ein weiterer Beleg dafür, dass man sich vor solch pauschalen Aussagen hüten sollte. Seien wir ehrlich: Lügen sind stets auf beiden Seiten denkbar, sei es aus Rache, verletzter Eitelkeit oder monetären Erwägungen. Deshalb verlangt jede Anschuldig­ung, wird sie denn öffentlich gemacht und sogar juristisch verfolgt, eine faktenbasi­erte Abklärung ohne Vorverurte­ilungen. Und das ist die wohl wichtigste Lehre aus dem Spektakel um das frühere Hollywood-Paar und seine turbulente Ehe.

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