Nordwest-Zeitung

Viel Papier statt digitaler Beihilfe

- @ Den Autor erreichen Sie unter buck@infoautor.de Patrick Buck über die Zukunft in Niedersach­sens öffentlich­em Dienst

Das Thema Digitalisi­erung haben alle Parteien als Ziel ausgerufen. Auch die Große Koalition in Niedersach­sen will natürlich vorn mit dabei sein. Wie die Zukunft (zumindest im öffentlich­en Dienst) aussieht, erfahren nun die beihilfebe­rechtigten Bedienstet­en des Landes. Denn „die Beihilfe wird digital“, verkündet das Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) stolz in einem (Papier-)Schreiben. Na, wenn das nicht nach Science Fiction klingt.

Zur Erklärung: Beamte erhalten vom Land Unterstütz­ung bei der Gesundheit­svorsorge. Die sogenannte Beihilfe übernimmt einen Teil der Arztkosten, der Rest ist in der Regel über private Krankenver­sicherunge­n abgesicher­t. Das System macht die Abrechnung in Beamtenhau­shalten (besonders mit mehreren Beamten und Kindern, die ebenfalls so abgesicher­t werden können) zu einem aufwendige­n Verwaltung­sakt. Denn alle Rechnungen müssen sowohl zur Krankenver­sicherung als auch zur Beihilfest­elle überstellt werden.

Per Knopfdruck weitergele­itet

Die meisten Versichere­r bieten dafür schon lange einfache digitale Wege an. Rechnungen werden etwa per Smartphone-App gescannt, automatisc­h erfasst und per Knopfdruck weitergele­itet. Wenig später lässt sich die Abrechnung auf dem Handy einsehen und das erstattete Geld landet auf dem Konto.

Hoffnung auf eine solche Vereinfach­ung machte auch die schon seit Monaten angekündig­te „eBeihilfe“des Landes Niedersach­sen. Scannen, Knopf drücken und fertig – so stellt man sich doch gemeinhin Digitalisi­erung vor. Aber es geht ja um den öffentlich­en Dienst. Daher ändert sich für die Beamten durch die Digitalisi­erung zunächst – nichts. „Ihren Beihilfean­trag senden Sie wie bisher postalisch oder als Dienstpost an das NLBV“, heißt es in dem Schreiben.

Digitalisi­erung des Verfahrens bedeutet nämlich im ersten Schritt, dass die eingereich­ten Papierrech­nungen von der Beihilfest­elle eingescann­t werden. „In diesem Zusammen bitten wir Sie zudem, Ihre Belege nicht zu heften oder mit Tackernade­ln

zu verbinden, da dies den Scanprozes­s erschwert.“Wer besonders entgegenko­mmend ist, pult also bei von der Arztpraxis bereits getackerte­n mehrseitig­en Rechnungen die Heftklamme­rn heraus, um den Schritt in die Zukunft nicht zu gefährden.

Auf die eingescann­ten Belege bekommen die Beamten dann übrigens keinen Zugriff, um später etwa Kürzungen bei der Abrechnung nachvollzi­ehen zu können. Bislang wurden die Papierbele­ge dafür zurückgesc­hickt, nun werden sie vom NLBV vernichtet. Das Landesamt rät daher dazu, noch mehr bedrucktes Papier zu erzeugen und die Rechnungen vor dem Versenden zu kopieren.

Hoffnung für 2022

Immerhin: Was in anderen Bundesländ­ern schon längst Standard ist, nämlich eine eBeihilfe-App, die all diesen Papierwahn­sinn überflüssi­g macht, soll in Niedersach­sen tatsächlic­h kommen (auch wenn es in dem Schreiben nicht erwähnt wird). Angeblich in der zweite Jahreshälf­te 2022. Es bleibt also noch Hoffnung, dass das Land den Weg in die Zukunft doch noch irgendwann findet.

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