Ernest Hemingway: Der alte Mann und das Meer (1952)
Es gibt kaum einen Autor, der so stilprägend auf seine Kollegen gewirkt hat. Über Sprachgrenzen hinweg hat Hemingways lakonischer Tonfall Verehrer und Nachfolger gefunden.
zu verkörpern trachtete – saufen, huren, raufen, jagen, kämpfen, töten etc. –, heute geradezu toxisch wirkt – ist die Prosa so unterschiedlicher zeitgenössischer Autoren wie Ferdinand von Schirach, Peter Stamm oder Clemens Meyer ohne Hemingway kaum denkbar.
Wortkarge Dialoge, „sagte er – sagte sie“, die einfache Benennung, das Ding an sich, der Verzicht auf Adjektive, dies Pathos der Schmucklosigkeit wurde und wird gern nachgeahmt – schon von Hemingway selbst, der bisweilen wie der Parodist seiner eignen Manier
Klaus Modick Bernd Eilert. klang.
„Der alte Mann und das Meer“war der letzte Roman, der zu seinen Lebzeiten erschien, und ist womöglich sein bester. Er brachte Hemingway 1954 den Nobelpreis ein und rehabilitierte seine arte povera, da er hier den idealen Stoff dafür gefunden hatte: Ein alter Mann fängt einen großen Fisch, verliert ihn wieder und gibt sich doch nicht geschlagen.
Nirgendwo kommt Hemingway seiner Eisberg-Theorie – der tiefere Großteil der Bedeutung bleibt unter der Oberfläche - in der Praxis näher. Interpretationsmöglichkeiten gibt es ohne Ende, biografische, historische, existenzphilosophische. Anspieselbst lungen auf Bücher reichen von der Bibel bis „Moby Dick“. Und jenseits aller Sinnstiftung erzählt Hemingway einfach eine gute Geschichte, spannend und ergreifend zugleich.
Denn wer sich vom Schicksal des alten Fischers, der tagtäglich um sein Leben kämpfen muss und nachts von den Löwen träumt, die er einst an den Küsten Afrikas gesehen hat, nicht rühren lassen mag, ist herzlos.
Das Buch: Ernest Hemingway: Der alte Mann und das Meer (1952). Die Kolumne erscheint regelmäßig exklusiv in dieser Zeitung.