Nordwest-Zeitung

Coburg: Heimat von Rutscher und Kühla

Oberfränki­sche Residenzst­adt bietet Kultur und kulinarisc­he Spezialitä­ten

- Von Heidi Scharvogel

Coburg – Aufregung um die Bratwurst und den Heiligen Mauritius brachte Coburg in die Schlagzeil­en. Dabei ist die oberfränki­sche Stadt mit ihren liebevoll sanierten Bauwerken eher beschaulic­h.

Das Profil des Heiligen Mauritius ziert das Wappen und die Kanaldecke­l der Residenzst­adt und löst immer wieder Kolonialis­musdebatte­n aus. „Dabei lebte der Heilige Mauritius lange vor der Kolonialze­it. Er war um 300 nach Christus ein römischer Feldherr aus Nordafrika. Er bekannte sich früh zum Christentu­m und weigerte sich, seine Glaubensbr­üder zu verfolgen“, erzählt „Nachtwächt­er“Roland Schäfer. „Die Gebeine des Märtyrers wurden nach Magdeburg überführt. Dabei übernachte­te der Tross in Coburg. An der Stelle steht heute die Morizkirch­e. Sie ist dem Heiligen Mauritius geweiht.“

Perfekter Historismu­s

Über der Stadt thront die Veste Coburg. „Sie wirkt wie eine typische Burg, dabei stehen wirklich mittelalte­rliche Gebäudetei­le neben perfekt gemachtem Historismu­s“, erklärt Kurator Dr. Niels Fleck. Der blaue Turm stammt aus dem 13. Jahrhunder­t. Nach einem Brand im Jahr 1499 wurde viel aus- und umgebaut. In den 1830/40er Jahren wurde der Garnisonss­tandort fantasiere­ich mit vielen hohen Zinnen ausgestatt­et, die Anfang des 20. Jahrhunder­ts wieder entfernt wurden. „Damals war das Ziel der Burgenfors­chung, die Veste möglichst in den Zustand von um 1500 zurückzuve­rsetzen“, so Fleck.

Neben einer der größten Burganlage­n der Stauferzei­t, mit dem Lutherzimm­er, der 1530 ein halbes Jahr auf der Veste lebte, bietet die Veste Coburg diverse Kunstsamml­ungen, etwa mit Werken aus der Kranachwer­kstatt und venezianis­cher Glaskunst. Den Grundstein legten Fürsten, die sich zu Repräsenta­tionszweck­en Kunstwerke zulegten.

In der Rüstkammer findet sich eine umfassende Waffensamm­lung. „Besonders ist, dass wir auch Ausrüstung für einfache Soldaten haben. Weil nie einer aufgeräumt hat, wie unser Waffenkura­tor einmal sagte“, berichtet Fleck. „Ein Glücksfall..“

Weicher Kartoffelk­loß

Friedliche­r ist die barocke Schlittens­ammlung. Diese wurde zwar auch für winterlich­e Turniere verwendet, aber nur zur Unterhaltu­ng.

So abwechslun­gsreich wie die Baustile der Veste sind auch die Häuser in der Coburger Altstadt, die teilweise noch von einer Stadtmauer umgeben sind. Den Gasthof Goldenes Kreuz etwa gibt es seit dem Jahr 1508. Hier steht neben anderen traditions­reichen

Kanaldecke­l mit dem Heiligen Mauritius.

Speisen der Coburger Kloß, auch Rutscher genannt, auf der Speisekart­e. Die Spezialitä­t aus rohen und gekochten Kartoffeln zeichnet sich durch eine weiche Konsistenz aus. „Mit manchen Klößen könnte man Fenstersch­eiben einwerfen. Coburger Klöße würden an der Scheibe runterruts­chen und unten leicht auseinande­rlaufen“, beschreibt Nachtwächt­er Roland Schäfer die Köstlichke­it.

Liegt das Schäufele mit Kloß doch etwas schwer im Magen, verspricht der Hoflikör aus 27 Kräutern Erleichter­ung.

„Nachtwächt­er“Schäfer

Roland

Er wird in der Hofapothek­e gleich um die Ecke hergestell­t.

Apotheke ohne Erlaubnis

Diese wurde 1543 von Cyriakus Schnauss gegründet – ohne Erlaubnis. Diese habe er nicht erhalten, weil es schon eine Apotheke gab, erklärt der aktuelle Inhaber Gernot Priesner. Das gab natürlich Ärger. „Aber nachdem der einzige Arzt der Stadt beklagte, dass die vorher schon bestehende Apotheke dreckig sei, benötigte Medikament­e nicht habe und zu teuer sei, bekam Schnauss die Erlaubnis doch“, so Priesner.

Auf dem Dachboden seiner Apotheke lagern in kleinen und größeren Tonnen aus dünnem Buchholz zwischen 100 und 150 Kräuter für Teemischun­gen. Am skurrilste­n ist wohl der Fungus chirurgien­sis, der Chirurgenp­ilz. „Er sieht aus wie ein Lederlappe­n und wurde verwendet, um bei Operatione­n die Blutung zu stillen“, erläutert Priesner.

Die Hofapothek­e steht direkt am Marktplatz auf dem es eine weitere Spezialitä­t gibt – die Coburger Bratwurst. „Vor einigen Jahren ermittelte die Staatsanwa­ltschaft gegen die Bratwurstb­rater. Denn in Coburg wird traditione­ll mit Kühla, Kiefernzap­fen, gegrillt. Dabei sollten krebserreg­ende Stoffe entstehen“, berichtet Schäfer. „Die Bratwurst wurde schließlic­h als Kulturgut rehabiliti­ert. Außerdem hat ein Chemiker mal untersucht, wie viele Würste man essen müsste, bis es wirklich gefährlich wird: Er kam auf 70000.“ @ coburger-glaspreis.de

Das größte Samba-Festival

Tänzerin beim Samba-Festival in CoburgBILD:

Für seine hohe Brauereidi­chte

ist Oberfranke­n bekannt. Die zahlreiche­n Brauereiga­sthöfe bieten sich bei oder nach einer Radtour oder Wanderung zur Einkehr an, wie etwa „Der Grosch“in Rödental. Hier werden seit 1425 Gäste bewirtet. Die Inhaber Kerstin und Christof Pilarzyk legen Wert auf Regionalit­ät, sowohl bei den Zutaten für die Biere als auch für die typisch fränkische Küche.

 ?? BILD: Tourismusr­egion Coburg Rennsteig/ Sebastian Buff ?? Über Coburg thront die Veste, deren älteste Teile aus dem 13. Jahrhunder­t stammen.
Coburg ist per Zug, zum Beispiel mit dem ICE über Nürnberg, oder mit dem Auto über die A 73 zu erreichen.
ist der wichtigste Wettbewerb für zeitgenöss­ische Kunst aus Glas in Europa. Die begleitend­e Ausstellun­g auf der Veste Coburg und im Europäisch­en Museum für Modernes Glas in Rödental ist noch bis 25. September zu sehen. außerhalb Brasiliens findet jährlich in Coburg statt. Vom 8. bis 10. Juli werden wieder internatio­nale Gruppen durch die Straßen tanzen.
BILD: Tourismusr­egion Coburg Rennsteig/ Sebastian Buff Über Coburg thront die Veste, deren älteste Teile aus dem 13. Jahrhunder­t stammen. Coburg ist per Zug, zum Beispiel mit dem ICE über Nürnberg, oder mit dem Auto über die A 73 zu erreichen. ist der wichtigste Wettbewerb für zeitgenöss­ische Kunst aus Glas in Europa. Die begleitend­e Ausstellun­g auf der Veste Coburg und im Europäisch­en Museum für Modernes Glas in Rödental ist noch bis 25. September zu sehen. außerhalb Brasiliens findet jährlich in Coburg statt. Vom 8. bis 10. Juli werden wieder internatio­nale Gruppen durch die Straßen tanzen.
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BILD: Heidi Scharvogel
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BILD: Scharvogel
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BILD: Heidi Scharvogel

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