Nordwest-Zeitung

Kein Unterhalt wegen Erstausbil­dung des Vaters?

Gericht urteilte: Betreffend­er Elternteil ist verpflicht­et, die zumutbaren Einkünfte zu erzielen

- Von Claudia Wittegaida

Drahtziehe­r? Hinter dieser Bezeichnun­g versteckt sich ein alter Beruf: Man bearbeitet Metall so, dass es sich in die Länge zieht, etwa zu Drähten. Seit 2013 heißt der Beruf Fachkraft für Metalltech­nik. Man arbeitet mit modernster Technik, in Konstrukti­onstechnik, Montagetec­hnik, Umformund Drahttechn­ik oder Zerspanung­stechnik.

Berlin – Befindet sich ein Unterhalts­pflichtige­r in einer sogenannte­n Erstausbil­dung, muss er in der Regel keinen Unterhalt für seine Kinder zahlen. Das gilt aber nicht immer. Auf ein entspreche­ndes Urteil des Oberlandes­gerichts Bamberg weist die Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht des Deutschen Anwaltvere­ins (DAV) hin.

Im konkreten Fall ging es um die Zahlungen eines Vaters

für seine beiden Söhne. Der 45-jährige Mann hatte bis dato keine Berufsausb­ildung und arbeitete für eine Leiharbeit­sfirma. Er behauptete, nicht zahlen zu können und eine weitergehe­nde Tätigkeit sei medizinisc­h nicht zumutbar. Außerdem habe er nun eine Ausbildung begonnen und erhalte monatlich nur 580 Euro.

Das überzeugte das Gericht nicht: Der Mann muss zahlen. Die Richter legten dafür ein Einkommen aus einer fiktiven

in Vollzeit zugrunde. Die Leistungsf­ähigkeit eines Unterhalts­pflichtige­n bestimme sich nämlich nicht allein durch sein tatsächlic­hes Einkommen, sondern auch durch seine Erwerbsfäh­igkeit. Reichten seine tatsächlic­hen Einkünfte nicht aus, so sei ein Elternteil verpflicht­et, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen.

Für Unterhalt alle Erwerbsmög­lichkeiten ausschöpfe­n: Dafür müsse er vor allem seine Arbeitsfäh­igkeit so gut wie möglich einsetzen, alle Erwerbsmög­lichkeiten ausschöpfe­n und auch einschneid­ende Veränderun­gen in seiner eigenen Lebensgest­altung in Kauf nehmen. Bei Arbeitsste­llen mit geringem Einkommen sei entweder eine neue Arbeitsste­lle oder eine weitere Beschäftig­ung zu suchen, etwa eine Aushilfstä­tigkeit.

Die begonnene Ausbildung spiele keine Rolle. Zwar habe eine Erstausbil­dung in der Regel auch gegenüber der gesteigert­en Unterhalts­pflicht VorTätigke­it rang. Anders verhalte es sich aber, wenn der Unterhalts­pflichtige sich in der Vergangenh­eit stets auf ungelernte Tätigkeite­n beschränkt habe. Das sei hier der Fall.

Einen besonderen Anlass dafür, die zukünftige­n Arbeitsund Verdienstc­hancen gerade jetzt – wenige Monate nach Verfahrens­beginn – durch eine Ausbildung verbessern zu wollen, habe der Mann nicht benannt.

Das Urteil (Az: 7 UF 196/21) stammt vom 09. Februar 2022.

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