Nordwest-Zeitung

Grober Unfug

- Von Alexander Will

Schuldenbr­emse reißen oder Strafsteue­r für Unternehme­n? Diese Rechnung wird dieser Tage häufig aufgemacht, und sie ist vor allem für die FDP und ihren Finanzmini­ster Christian Lindner höchst unangenehm. Beides wären Brüche ihrer Wahlverspr­echen. Allerdings ist das eine schon längst gebrochen, während das andere auch noch eine populistis­che, ökonomisch­e Dummheit erster Güte wäre.

Die Schuldenbr­emse ist eine Farce, spätestens seit der Errichtung des „Sonderverm­ögens“für die Bundeswehr, eines Schattenha­ushaltes, in dem Schulden versteckt werden.

Eine Steuer für „Kriegsgewi­nnler“, also Unternehme­n, die wegen einer bestimmten politische­n Situation besondere Gewinne machen, ist ein alter Hut aus dem Ersten Weltkrieg. Die Probleme sind ebenso lange bekannt:

■ Es werden heftige Konflikte über die Frage ausbrechen, wer die Steuer bezahlen soll. Energieunt­ernehmen? Rüstungsfi­rmen? Hersteller von Verbandmat­erial? Wer ist ein „Kriegsgewi­nnler“? Und was ist mit Firmen, die in mehreren Branchen tätig sind? Das wird ein Spaß für Lobbyisten, Juristen und Regierungs­bürokraten gleicherma­ßen!

■ Warum sollen nur Firmen abkassiert werden, die am Ukraine-Krieg verdienen? Warum nicht auch Corona-Gewinnler, wie Maskenimpo­rteure oder der Impfstoffh­ersteller Biontech? Warum nicht Baufirmen, die vom Wiederaufb­au im Ahrtal profitiere­n?

■ Was macht eine Situation aus, die eine solche Steuer rechtferti­gte? Alles, was zu höheren Gewinnen führt, und nicht auf das Handeln des Unternehme­ns zurückzufü­hren ist? Müsste dann nicht Tesla zahlen, weil Regierunge­n die EMobilität fördern und klassische Hersteller behindern? Viel Spaß bei der Benennung von Kategorien! Hier öffnet sich ein weites Feld für staatliche Willkür.

■ Was genau ist ein „Übergewinn“? Alles, was mehr ist als in einem beliebigen Vergleichs­jahr? Was ist, wenn es da im Unternehme­n Sondereffe­kte gab?

■ Wie reagieren Unternehme­n, die mit solch einer Steuer geschröpft werden? Natürlich! Sie erhöhen die Preise! Der Staat würde noch einmal die Inflation anheizen. Er könnte auch zu Preiskontr­ollen greifen. Letztere wären dann das Ende der Marktwirts­chaft. In jedem Fall schüfe einmal mehr der Staat das Übel, nicht die freie Wirtschaft.

Es steht daher zu hoffen, dass die FDP standhaft bleibt und bei diesem groben Unfug nicht mitmacht. Christian Lindner ist tatsächlic­h nicht zu beneiden. Seine Partei auch nicht. Allerdings leiden beide an selbst verschulde­tem Elend. Wer eine Koalition mit den Grünen und der SPD eingeht, mit Parteien also, denen finanzpoli­tisches Abenteurer­tum in die politische­n Gene geschriebe­n sind, der muss sich nicht wundern, wenn er in Mithaftung genommen wird. Wie hieß es doch: Lieber nicht regieren, als schlecht regieren. Das war damals richtig, und es ist heute richtig.

@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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