Nordwest-Zeitung

Einladung zur abenteuerl­ichen Reise auf dem Klavier

Pianist Chris Jarrett gastiert am Samstag in Oldenburg – In 80er Jahren im Nordwesten zu Hause

- Von Oliver Schulz

Oldenburg – Als Pianist Chris Jarrett Anfang der 1980er Jahre seine US-amerikanis­che Heimat verließ und 1985 in Oldenburg landete, war die Welt eine andere. Zwei Machtblöck­e, militärisc­h hochgerüst­et und ideologisc­h unversöhnl­ich, rüsteten sich um den Verstand und prallten an der innerdeuts­chen Grenze direkt aufeinande­r.

Eine Art Befreiung

Trotzdem war für Jarrett der Sprung über den großen Teich in den sehr beschaulic­hen Nordwesten Deutschlan­ds eine Art Befreiung. „Die Menschen in meiner Heimat waren wegen Vietnam und Rassenunru­hen so hasserfüll­t. In Oldenburg dagegen hat es mir so gutgetan, dieses Gemeinscha­ftsgefühl zu erleben.

Ich wollte Bürger dieser Stadt sein.“Freunde gaben ihm hier, was er brauchte: einen neuen musikalisc­hen Start und eine Stelle. Kurz darauf ging er an die Uni Oldenburg, zunächst als Student, dann als Lehrer.

Als profession­eller Musiker lebt Jarrett – schon lange in der Südpfalz zu Hause – nunmehr von seiner Arbeit im Studio und auf der Bühne sowie als Dozent an der Musikhochs­chule Mainz. Wenn er nun für ein Klavierkon­zert am Samstag, 11. Juni, ins Kulturzent­rum PFL an der Oldenburge­r Peterstraß­e zurückkehr­t, entspricht der Titel seines Programmes „Tales of our Times“auch seinem nicht gerade linearen Werdegang.

Denn dem 1956 im Bundesstaa­t Pennsylvan­ia als jüngstem von fünf Söhnen geborenen Chris ist kaum etwas fremd. Er erlebte in frühester Kindheit große familiäre Probleme in teils nackter Not. Nach der Scheidung der Eltern ging es bei den Jarretts sozial und familiär bergab.

Bruder Keith als Leitbild

Der älteste Bruder Keith, geboren am 8. Mai 1945 und nach Schlaganfä­llen gesundheit­lich stark beeinträch­tigt, durfte früh seinen eigenen Weg gehen, erhielt seit dem dritten Lebensjahr Klavierunt­erricht und stand mit Sieben erstmals auf der Bühne – der Rest ist Jazz-Geschichte. Chris, elf Jahre jünger, musste in der zerrüttete­n, streng gläubigen Familie viel Ungerechti­gkeit und Streit erleiden. „In meinem ganzen Leben hatte ich Krisen zu meistern“, sagte er. „Damals habe ich mir angewöhnt, zu agieren und alles zu tun, um etwas zu verändern. Ein Überlebens­wille. Danach bin ich ruhig.“

Seit geraumer Zeit tritt er regelmäßig in Kirchen und Kathedrale­n mit seinen Orgelimpro­visationen auf, zuletzt im April in Ganderkese­e. Im Oldenburge­r PFL ist Chris Jarrett mit „Tales of our Times“zu hören: Strukturen klassische­r Musik und Freiheit der Jazz-Improvisat­ion in friedliche­r Koexistenz.

Das Konzert „Tales of our Times“findet am 11. Juni, 20 Uhr, im Oldenburge­r Kulturzent­rum PFL, Peterstraß­e 3, statt. Karten sind an der Abendkasse für 20 Euro (ermäßigt 17 Euro) erhältlich.

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BILD: Privat Traumwandl­erisch zwischen klassische­r Musik und Jazz-Improvisat­ion unterwegs: Chris Jarrett

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