Verhandler unter Doppeldruck
Der Jubel war laut, aber die Motivation verwirrend: Völlig überraschend verhinderten Grüne, Sozialdemokraten, Linke und Rechtspopulisten mit ihrer Mehrheit das zentrale Zertifikatehandel-Projekt des EU-Klimaschutzpaketes. Die einen, weil es ihnen nicht weit genug ging, die anderen, weil es ihnen viel zu weit ging.
Wie ein nun nötiger neuer Anlauf aussehen wird, werden die Grünen also kaum mit den Rechtspopulisten aushandeln. Sondern mit der Union. Und da hier mit Peter Liese ein deutscher CDU-Politiker federführend ist, gibt es eine bemerkenswerte Parallelität: In Brüssel wird Liese bereits in der nächsten Woche mit den Grünen erneut verhandeln.
Zugleich ist er auch einer der wichtigsten Akteure bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und Grünen in NRW. Auch in Kiel sitzen Europa-Abgeordnete mit am Verhandlungstisch. In beiden Ländern geht es im Kern um die künftige Aufstellung der Landesregierungen im Kampf gegen den Klimawandel. Der Verständigungsdruck kommt also von zwei Fronten. Der Brüsseler und der deutschen.
Nicht zu übersehen ist, dass nach Warnungen von Gewerkschaften auch ein Teil der Sozialdemokraten mit der EVP stimmte. Im Hintergrund geht es auch um einen lagerübergreifenden Konflikt zwischen Klima-Aktivisten und Job-Besorgten.
Zu erwarten ist nun, dass es einen Abschluss der finalen Verhandlungen erst unter der kommenden tschechischen Ratspräsidentschaft kommt, die pragmatischer aufgestellt ist. Und selbst nach dem klaren Votum der Parlamentsmehrheit für ein Aus für Verbrenner ab 2035 ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. FDP-Chef Lindner drängte am Tag danach die Bundesregierung entsprechend Koalitionsvertrag in Richtung „Technologieoffenheit“. Könnte sein, dass die Verlierer der Abstimmung von gestern, die Gewinner der Entscheidung von übermorgen sind.
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