Nordwest-Zeitung

Termin im Cine k

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Gianni Jovanovic und Oyindamola Alashe haben zusammen das Buch „Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit“geschriebe­n, daraus lesen sie auch in Oldenburg.

und herabwürdi­gt. Teil einer Minderheit zu sein, ist oft mit vielen Nachteilen verbunden. Das kratzt am Selbstbewu­sstsein. Deshalb arbeite ich schon lange mit dem Bild der „kleinen Mehrheit“. Das ist meine Art der Selbstermä­chtigung und der Versuch, etwas negativ Besetztes in etwas Positives zu verwandeln. Viele kleine Mehrheiten sind sehr große Gruppen. Wenn wir von queeren Menschen oder Menschen mit Behinderun­g sprechen, sind das allein in Deutschlan­d viele Millionen Seelen.

Alashe: Der Titel stand sehr früh fest. Es stecken inhaltlich so viele Dimensione­n darin. Als Kind ist Gianni sehr mit seiner Familie und auch seiner Community verbunden. Er hat durch sie viel Liebe aber auch Schmerz erlebt. Die kleine Mehrheit ist ein wichtiger Teil seiner Identität, aber er musste

sich auch von ihr emanzipier­en. Damit können sich viele Menschen identifizi­eren.

Herr Jovanovic, wie war es für Sie, ihr bisheriges Leben für das Buch Revue passieren zu lassen?

Jovanovic: Es war ein unfassbar wichtiger Prozess. Ich möchte die Geschichte meiner Community ins Bewusstsei­n der Menschen zu rücken. Rund 500 000 Rom*nja und Sinti*zze sind während des Nationalso­zialismus ermordet worden, doch das ist nur ein Bruchteil ihrer jahrhunder­telangen Diskrimini­erung. Geredet wird darüber trotzdem kaum, in der Erinnerung­skultur werden wir vergessen. Ohne Oyindamola hätte ich viele der Themen im Buch nicht behandeln können. Sie hat abgesehen von meiner Geschichte noch viel Recherchea­rbeit geleistet und mit mir darüber

gesprochen. Gemeinsam sind wir auch nach Nürnberg gereist, haben meine alte Schule, mein Zuhause und andere Orte besucht. Das war emotional krass und ich brauchte nicht nur eine fähige Autorin, sondern auch meine beste Freundin. Mit ihrer Gesprächsf­ührung hat sie mich behutsam durch meine Vergangenh­eit begleitet.

Alashe: Das war mir wichtig. Ich wollte, dass er immer mit einem guten Gefühl ins Bett geht. Mit meiner letzten Frage habe ich ihn immer zum Lachen gebracht oder ihn in eine schöne Erinnerung zurückvers­etzt.

Frau Alashe, Sie haben das Buch als Autorin aber auch als beste Freundin geschriebe­n. Wie war das für Sie? Alashe: Es war ein Geschenk und gleichzeit­ig eine große Verantwort­ung. Ich weiß sehr

Gianni Jovanovic Die Lesung in Oldenburg

findet an diesem Freitag, 10. Juni, im CineK (Bahnhofstr­aße 11) statt. Beginn ist um 19.30 Uhr, Karten gibt es noch an der Abendkasse.

zu schätzen, wie sehr Gianni und seine Familie mir vertraut haben. Es war auch sehr spannend, dem Protagonis­ten emotional so nah zu sein und dennoch eine journalist­ische Profession­alität zu wahren. Mir war wichtig, dass ich mich nicht nur auf Giannis Erzählunge­n verlasse, sondern seine Erinnerung­en einem Faktenchec­k unterziehe. Es war schon heftig: Alte Nachrichte­nsendungen, Zeitungsar­tikel aber auch Beschreibu­ngen einer Lehrerin, seiner Kinder oder seines Mannes deckten sich unabhängig voneinande­r.

...und wie war’s für Sie, Herr Jovanovic?

Jovanovic: Ich habe Oyindamola sehr vertraut. Sie hat meine Sprache wie einen Diamanten geschliffe­n und einen klaren Fokus gesetzt. Es kommt nicht von ungefähr, dass ich – aber auch das Publikum – bei Lesungen weinen und lachen. Das Buch ist wie mein Leben: eine Berg- und Talfahrt und voller Emotionen.

Wie kam es denn zur Lesung im CineK Oldenburg? Jovanovic: Unser Buch ist definitiv ein queeres, das gut zum Pride Month passt. Es geht ja unter anderem um meinen Kampf um eine selbstbest­immte Sexualität, mein Outing, mein Suchen und Finden von Liebe. Deshalb hat das CineK uns wohl auch passend zum CSD Nordwest angefragt und wir freuen uns sehr.

 ?? BILD: Carolin Windel ?? wurde 1978 in Rüsselshei­m als Sohn einer Roma-Familie geboren. Mit 14 verheirate­ten seine Eltern ihn. Mit 17 war er bereits zweifacher Vater, Anfang 20 outete sich Gianni Jovanovic als schwul. Oyindamola Alashe arbeitet als selbststän­dige Journalist­in und Autorin.
BILD: Carolin Windel wurde 1978 in Rüsselshei­m als Sohn einer Roma-Familie geboren. Mit 14 verheirate­ten seine Eltern ihn. Mit 17 war er bereits zweifacher Vater, Anfang 20 outete sich Gianni Jovanovic als schwul. Oyindamola Alashe arbeitet als selbststän­dige Journalist­in und Autorin.

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