Aufgepasst bei Lebensmittel-Fertigprodukten mit Kinderoptik
Wir alle kennen sie: Lebensmittel, deren Marketing entweder direkt auf Kinder als Zielgruppe abzielt oder Eltern ansprechen soll, weil eine besondere Eignung für Kinder suggeriert wird. Sie werden als Lebensmittel mit Kinderoptik bezeichnet. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, sei es durch Verwendung der Worte „Kind“oder „Kids“im Produktnamen oder durch eine Kinder ansprechende optische Gestaltung der Verpackung beziehungsweise des Produkts, beispielsweise bei Cerealien in Tierform. Oder aber durch eine an Kinder oder Eltern gerichtete Produktbezeichnung oder -beschreibung auf der Produktverpackung, zum Beispiel „Für Ihre Kleinen“sowie
Prof. Dr. Christoph Korenke Klinikdirektor am Elisabeth-Kinderkrankenhaus Oldenburg
durch Hinweise auf Kinderspiele, Lerneffekte und Beigaben wie Sammelbilder. Wer diese Lebensmittel kauft, glaubt etwas Gutes für Kinder zu tun. Diese „Lebensmittel mit Kinderoptik“sind rechtlich allerdings nicht definiert und müssen keine besonderen Nährwertkriterien oder andere Qualitätsanforderungen erfüllen.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist für die Umsetzung der Nationalen Reduktionsund Innovationsstrategie für
Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) zuständig. Ziel ist, eine gesunde Lebensweise zu fördern, Übergewicht und Adipositas in der Bevölkerung zu reduzieren, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, und die Häufigkeit ernährungsbedingter Erkrankungen zu verringern. Regelmäßig wird analysiert, ob und wie sich der Zucker-, Fett-, Salz- und Energiegehalt von Fertigprodukten im Verlauf ändert. Jetzt liegen ausgewählte Ergebnisse des Produktmonitorings für 2021 vor (https:// www.mri.bund.de). Es umfasst insgesamt 4466 Produkte wie Nudelsoßen, kalte Soßen, Tiefkühl-Komplettfertiggerichte, Fleischersatz- und Wurstersatzprodukte sowie
Feingebäck. Sie wurden zum Einkaufsverhalten von 30 000 repräsentativen Haushalten in Beziehung gesetzt.
Ein besonderes Augenmerk des Produktmonitorings liegt auf Produkten mit Kinderoptik im Vergleich zu Produkten, die nicht für Kinder beworben wurden. Positiv ist, dass Produkte mit Kinderoptik durchschnittlich weniger Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz aufweisen als vergleichbare Produkte, die nicht an Kinder gerichtet sind. Allerdings fanden sich in kalten Soßen, Fleischersatz-/ Wurstersatzprodukten und Feingebäck zum Teil auch höhere Energie- oder Nährstoffwerte. Nudelsoßen mit Kinderoptik weisen zwar im Mittel den geringsten SalzgeZucker, halt, gleichzeitig aber den höchsten Zuckergehalt auf. Fein- und Waffelgebäck mit Kinderoptik zeigt einen auffallend hohe Fett- beziehungsweise Zuckergehalt.
Diese Ergebnisse sind nicht zufriedenstellend. Sie zeigen, dass eine gesetzliche Verpflichtung zur Umsetzung der NRI für Hersteller von Fertigprodukten geboten ist. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderund Jugendmedizin fordert dieses schon lange: Es darf nicht sein, dass Produkte mit Kinderoptik eine ungünstigere Nährstoffzusammensetzung aufweisen als solche, die nicht speziell an Kinder gerichtet sind! Dies muss vom Gesetzgeber klar vorgegeben und reguliert werden (https:// www.dgkj.de).