Warum Habeck jetzt richtig liegt
Eingetreten ist offenbar, wovor viele Experten vor der Einführung des Tankrabatts am 1. Juni gewarnt hatten: Der Staat verzichtet auf milliardenschwere Steuereinnahmen, aber die Autofahrer können davon kaum profitieren. Denn die Mineralölkonzerne nutzen die Gelegenheit, senken die Spritpreise nur vorübergehend und streichen so einen Teil der staatlichen Entlastung als Sonderprofite ein. Dieses unschöne Szenario ist aus Sicht von Wirtschaftsminister Robert Habeck tatsächlich eingetreten. Jedenfalls hat Habeck Beweise genug. Andernfalls würde er jetzt nicht die Verschärfung des Kartellrechts ankündigen, um dem Kartellamt mehr Waffen im Kampf gegen das Oligopol der Ölkonzerne zu geben.
So richtig dieser Vorstoß ist, so ungeeignet ist er andererseits, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Bis das Kartellrecht geändert wäre, ist der auf drei Monate befristete Tankrabatt längst nicht mehr wirksam. Es dürfen also keine falschen Hoffnungen auf dem Vorschlag liegen. Aber auch unabhängig vom Tankrabatt macht es viel Sinn, des unsichtbaren Kartells der Mineralölkonzerne endlich Herr zu werden. Denn der enorme Preisdruck bei Benzin und Diesel wird ja auch in Zukunft nicht nachlassen.
Verbotene Preisabsprachen an den Tankstellen kann das Kartellamt bisher nicht nachweisen. Die Konzerne achten ja auch tunlichst darauf, nichts Illegales zu tun. Allein die minutiöse Beobachtung der vermeintlichen Wettbewerber reicht ihnen, die Spritpreise jeweils im Gleichschritt nach oben oder nach unten zu bewegen, gern vor und an Wochenenden, Feiertagen und in den Schulferien nach oben, an allen übrigen Tagen dann wieder nach unten.
Insofern macht es Sinn, dem Kartellamt andere Möglichkeiten zu geben, das Preiskartell nachzuweisen. Sinnvoll wäre es etwa, wenn die Kartellwächter bei den Raffinerien ansetzten. In Deutschland gibt es für Kraftstoffe zwölf Raffinerien, die stark verflochten und weitgehend im Besitz der Mineralölkonzerne sind. Wenn die Raffinerien gemeinsam die Großhandelspreise für Benzin und Diesel erhöhen, führt dies nahezu automatisch auch zu höheren Preisen an der Zapfsäule.
Habecks Vorstoß ist auch politisch klug: Er bietet der Ampel-Koalition einen Ausweg aus ihrem Streit über die Konsequenzen des vergeigten Tankrabatts. Eine Übergewinnsteuer, wie sie zuerst auch Habeck selbst, jetzt aber vor allem die SPD fordert, wird von der FDP zu Recht abgelehnt, weil sie Tür und Tor für willkürliche Gewinnabschöpfungen des Staates bei allen möglichen Unternehmen öffnen würde. Sie wäre eine zutiefst unmarktwirtschaftliche Maßnahme und dürfte generell Investoren aus Deutschland vertreiben.
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