Habeck will Kartellrecht verschärfen
Reaktion auf hohe Spritpreise – Notfalls auch Zerschlagung von Mineralölkonzernen
Durchschnittspreis für die Gallone (3,785 Liter) bleifreies Normalbenzin am Samstag in den USA in Dollar (4,758 Euro/ umgerechnet 1,26 Euro pro Liter). Damit ist der Preis für Benzin in den USA erstmals über die psychologisch wichtige Marke von fünf Dollar pro Gallone gestiegen.
Berlin – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will das Kartellrecht verschärfen, um Preisabsprachen der Mineralölkonzerne an den Zapfsäulen besser ahnden und übermäßige Gewinne vom Bundeskartellamt abschöpfen zu lassen. Notfalls soll auch die Zerschlagung der Konzerne möglich werden. Das sieht ein Positionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums vor. Bislang ist so ein Vorgehen an hohe Hürden geknüpft. „Ein Recht, das nicht genutzt werden kann, ist nicht im Sinne des Erfinders“, sagte Habeck dazu dem „Spiegel“.
Nach der Einführung des Tankrabatts am 1. Juni waren die Spritpreise zunächst gesunken, dann aber wieder angestiegen. Habeck sieht es als erwiesen an, dass die Konzerne die befristete Steuerermäßigung nicht vollständig an die Verbraucher weitergeben, sondern einen Teil als ExtraGewinne einstreichen. Verbotene Preisabsprachen unter den Unternehmen lassen sich aber nicht nachweisen. Die Konzerne nutzen andere Möglichkeiten, um gemeinsam überhöhte Spritpreise am Markt durchzusetzen.
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Das plant Habeck
Dieser anderen Möglichkeiten will Habeck nun durch neue Kartellrechts-Regeln Herr werden. Die Überarbeitung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll auf dieses Jahr vorgezogen werden. Ziel ist, die Waffen des Kartellamts zu schärfen. Insgesamt wüssten die Konzerne über die Preise ihrer Wettbewerber an den Tankstellen Bescheid, weil der Markt sehr transparent sei, heißt es in Habecks Positionspapier. „Das heißt, auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen; ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts ist schwer nachweisbar.“Deshalb soll künftig auch eine „missbrauchsunabhängige
Entflechtung“möglich sein, „um Wettbewerb auf verfestigen Märkten zu schaffen“.
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Das sagen SPD und FDP
Spitzenpolitiker von SPD und FDP unterstützen den Vorstoß. Habeck habe bereits im März zugesagt, sich gemeinsam mit dem Kartellamt um die hohen Spritpreise zu kümmern, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil unserer Redaktion. „Es ist gut, wenn da endlich auch durchgegriffen wird. Solche Preisabsprachen sind unanständig. Der Tankrabatt ist für Pendlerinnen und Pendler da, nicht für die Öl-Multis.“
Klingbeil bekräftigte darüber hinaus aber auch seine Forderung nach einer Übergewinnsteuer für die Konzerne. „Ich finde es außerdem überlegenswert, Unternehmen, die jetzt Extra-Gewinne machen, stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranzuziehen.“
Auch FDP-Justizminister Marco Buschmann zeigte sich offen für Habecks Vorschläge. „Der Kampf gegen rechtswidrige Preisabsprachen ist eine wichtige Aufgabe in der sozialen Marktwirtschaft“, sagte er unserer Redaktion. „Das Recht kennt hier seit Langem das Instrument der Vermögensabschöpfung. Für verfassungskonforme Verbesserungsvorschläge sind wir grundsätzlich offen. Allerdings liegt hier der Teufel im Detail.“
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Das sagt die Union
Die Union dagegen warnte vor Habecks Plänen. „Der Tankrabatt darf nicht zur Gewinnmaximierung missbraucht werden“, sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei. Das Kartellamt habe aber bereits Eingriffsmöglichkeiten. „Allem Anschein nach wird im Umfeld von Minister Habeck aber auch über ein Eingriffsrecht der Behörde nachgedacht, das unabhängig von einem möglichen Missbrauch eingesetzt werden kann. An dieser Stelle ist höchste Vorsicht geboten. Eine willkürliche Gewinnabschöpfung darf es nicht geben“, sagte Frei.
Kritik übte Frei an SPD-Chefin Saskia Esken, die am Wochenende die Einführung von autofreien Sonntagen wie in den 70er Jahren und eines Tempolimits für denkbar hielt, wenn im Herbst der Sprit knapp werden könnte. „Die Verbotsfantasien der SPDChefin sind weder sinnvoll noch angemessen“, sagte er.