Nordwest-Zeitung

In der Welt ebenso zu Hause wie in Oldenburg

Altistin Wiebke Lehmkuhl und Barockense­mble des Staatsorch­esters begeistern mit Vivaldi

- Von Horst Hollmann

Oldenburg – Wer in den Musikzentr­en Berlin, London, Zürich, Paris, Rom, Hamburg, Salzburg, Shanghai oder Tokio auftritt, ist weithin berühmt. Wer darüber aber seine künstleris­che Heimat nicht vergisst und Konzerte zu Hause nicht minder hoch achtet, genießt besondere persönlich­e Wertschätz­ung und Zuneigung. Das ist die Altistin Wiebke Lehmkuhl, in Oldenburg aufgewachs­en und in der Stadt lebend.

Also füllt die Sängerin den Schlosssaa­l beim Barock-konzert des Staatsorch­esters gleich zweimal und nimmt die

Herzen der Oldenburge­r im Sturm, wieder einmal. Dabei scheint das Programm mit vorwiegend kirchliche­n Werken von Antonio Vivaldi erst einmal eingeengt und mit musikalisc­hen Floskeln bestückt.

Detailreic­h und packend

Welch ein Trugschlus­s! Vivaldi kann gerade in diesen sakralen Kompositio­nen packender, leidenscha­ftlicher und detailfreu­diger wirken als in seinen Opern. In denen reihen sich Rezitative am laufenden Meter und oft genormte Arienmodel­le aneinander. In den sakralen Wer„Filiae ken hat er weniger Zeit, da muss er kompakt und konzentrie­rt ebenso viel bieten.

Arien aus dem Oratorium „Juditha triumphans“, die Kantate „Cessate, omai cessate“, die Introduzio­ne al Miserere

maestae Jerusalem“und der 126. Psalm „Nisi Dominus“: Das sind Klanggespi­nste zwischen hochschäum­ender Dramatik und tief reichender Kontemplat­ion. Dazu dann dieser Alt: Lehmkuhl singt voluminös, aber das wirkt bei extrem reduzierte­m Vibrato lebhaft, wendig und affektreic­h.

Fasziniere­nde Stimme

Die Textausleg­ung beherrscht sie in allen Facetten zwischen grüblerisc­h düster, packend erzählend, impulsiv und leidenscha­ftlich aufwallend. Was für eine fasziniere­nde Stimme in allen Lagen!

Das Barockense­mble mit 14 Streichern, Chitarrone und einem Chalumeau (Josefa Zalud) in einem beseelten Duett mit der Singstimme sprüht vor Spielfreud­e. Das trifft auch die eingeschob­enen Concerti d-Moll RV 128 und e-Moll RV 550. Leiter Thomas Bönisch (Cembalo/Orgel) und Konzertmei­sterin Claudia SchmidtHei­se heizen die musikalisc­he Dramatik mit rhythmisch­en Impulsen an.

Zudem dürfen Geigen und Bratschen feinst ausgewogen singen, die Bassgruppe rumoren oder knackig zugreifen. Es wird klanglich und gestalteri­sch aus dem Vollen geschöpft – einfach mitreißend!

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BILD: Sound & Picturedes­ign Altistin Wiebke Lehmkuhl

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