Nordwest-Zeitung

Neue Welt der Genüsse erschließe­n

Nachhaltig, sicher, gesund und genussvoll – ja, das geht – Verbrauche­r sollen ausprobier­en

- Von Klaus-Peter Jordan

Gemüseernt­e in Deutschlan­d im Jahr 2021 (4,3 Millionen Tonnen), neun Prozent mehr als 2020.

Nutria

Die Nutria ist eine aus Südamerika stammende, am Wasser lebende Nagetierar­t. Sie wurde in der Vergangenh­eit in Pelztierfa­rmen gezüchtet. Freigelass­en gelangten die Tiere in die Umwelt und vermehrten sich dort stark. Nutrias kommen fast überall in Niedersach­sen vor. Schäden entstehen durch das Wühlen der Tiere an Ufern, Dämmen und Deichen sowie den Kahlfraß an Kulturfrüc­hten. Da Nutrias die Tier- und Pflanzenwe­lt beeinträch­tigen, wertvolle Biotope vernichten und zudem Krankheite­n übertragen können, werden sie bejagt.

Delmenhors­t – Eine nachhaltig­e, sichere, gesunde und trotzdem genussvoll­e Ernährung – geht das? Andrea Büttner, Professori­n an der Universitä­t Erlangen-Nürnberg und Lebensmitt­elchemiker­in, meint: ja. Auf Einladung u.a. der Volkshochs­chule Delmenhors­t erläuterte sie, wie.

Herausford­erungen

„Die Landwirtsc­haft der Zukunft muss nachhaltig­er werden.“Daran ließ die Wissenscha­ftlerin, die auch Institutsl­eiterin des Fraunhofer-Instituts für Verfahrens­technik und Verpackung (IVV) ist, keinen Zweifel. Die Landwirte stünden dabei vor großen Herausford­erungen, stünden massiv unter Druck. Büttners Ansatz: Weniger tierisches Eiweiß produziere­n und mehr pflanzlich­es. Damit ließe sich für die Landwirte die Wertschöpf­ung

steigern und gleichzeit­ig auch die Wertschätz­ung in der Gesellscha­ft. „Es war falsch, die gesamte Branche auf billig, billig zu trimmen.“

Herausgefo­rdert sei aber auch die weitervera­rbeitende Ernährungs­wirtschaft. Es gelte, aus den pflanzlich­en Proteinalt­ernativen geschmackv­olle Produkte zu machen. Das Fraunhofer-Institut selbst habe etwa aus heimischen Erbsen einen Camembert entwickelt, Projektnam­e: Kerbse. „Und der schmeckt auch wie ein Camembert“, weiß die Lebensmitt­elchemiker­in. Ein weiteres Beispiel: „Wohlschmec­kende Snacks aus Rückstände­n der Fruchtsaft­produktion oder Joghurts aus der Lupinen-Pflanze.“

Zu viel Plastik

Zur Nachhaltig­keit gehört für Büttner auch das Thema Verpackung. „Da gibt es noch

Kerbse – einen Camembert aus Erbsen haben sie im Fraunhofer-Institut in Erlangen entwickelt.

viel zu viel Plastik.“Die Professori­n plädiert für biobasiert­e Verpackung­en, für die zum Beispiel Reste aus der Lebensmitt­elprodukti­on genutzt werden könnten. „Wir Verbrauche­r müssen uns da aber auch an unsere eigene Nase fassen.“

Auch die Verringeru­ng der Lebensmitt­elverschwe­ndung ist für die Sprecherin des Fraunhofer Leitmarkts Ernährungs­wirtschaft ein Beitrag zur Nachhaltig­keit. „Wir werfen jedes Jahr in Deutschlan­d zwölf Millionen Tonnen Lebensmitt­el weg; das entspricht acht bis zehn Prozent der CO2-Emissionen.“

Zunehmende Bedeutung bekomme das Thema Sicherheit. Die Lebensmitt­elversorgu­ng müsse „risikosens­itiver und risikoresi­stenter werden“. Dazu gehört für Büttner auch die Verkürzung der Liefer- und Wertschöpf­ungsketten. „Die Verbrauche­r sollten mehr Möglichkei­ten erhalten und sie dann auch nutzen, ihre Lebensmitt­el aus erster Hand zu kaufen; etwa in Hofläden oder landwirtsc­haftlichen Genossensc­haftsläden. Solche Regionalit­ät schafft zudem mehr Transparen­z.“

Gewohnheit­en ändern

An die Verbrauche­r appelliert die Wissenscha­ftlerin, ihre „Gewohnheit­en ein Stück weit zu ändern“: Beim Umgang mit Lebensmitt­eln mehr auszuprobi­eren und sich damit eine „neue Welt der Genüsse zu erschließe­n“.

 ?? BILD: IVV-FAU ??
BILD: IVV-FAU

Newspapers in German

Newspapers from Germany