Neue Geschäftsideen für Landwirtschaft
Landwirte noch viel mehr zu Energiewirten machen
Direktvermarktende Höfe könnten als Nachfolger der Tante Emma-Läden auf dem Land bezeichnet werden. Viele Landwirte nutzen ihre Hofläden, um einen zusätzlichen Absatz zu generieren. Neben Produkten aus dem eigenen Betrieb stocken sie ihr Angebot mit zugelieferten Waren auf. Die Direktvermarktung unterstützt zudem die Wertschöpfung in der Region. Für einen Hofladen benötigen die Landwirte vor allem umfassendes Know-how, finanzielles Engagement und einen hohen persönlichen Einsatz.
Vechta/Osnabrück – Den Landwirt noch viel mehr zum Energiewirt machen, möchte Prof. Dr. Hans-Jürgen Pfisterer, Professor an der Hochschule Osnabrück. Dafür stellte der Elektroingenieur kürzlich bei einer Veranstaltung des Verbundes Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar) in Vechta neue Geschäftsmodelle für Landwirte rund um Erneuerbare Energien vor.
Grünstrom direkt
Pfisterer möchte dem Landwirt die Möglichkeit des Direktvertriebs seines erzeugten Grünstroms aus Biogas-, Windkraft- oder Photovoltaikanlagen ermöglichen, „ähnlich wie es Milchbauern etwa beim Verkauf ihrer Milch ab Hof machen“, mit dem Ziel neue Einnahmen zu erzielen. Da es aber nicht möglich sei, physische Stromleitungen vom Landwirt zu einzelnen Kunden wie Privathaushalten, Handel oder Gewerbe zu legen, denkt Pfisterer an eine virtuelle Leitung zwischen einem Landwirt und einem Verbraucher.
Dazu seien bei beiden Partnern moderne, digitale Messgeräte notwendig, die aber längst am Markt verfügbar seien. Zum Nachweis der, wie er es nennt, „DirektEnergie“seien Nachweise über Erzeugung beim Landwirt und Verbrauch beim Kunden nötig, was durch die Messgeräte etwa in 15-Minuten-Zeiträumen erfolgen könnte.
Pfisterer geht davon aus, dass es genug ökologisch und
Prof. Dr. Hans-Jürgen Pfisterer.
nachhaltig denkende und handelnde Verbraucher gibt, die bereit sind, für diesen in Echtzeit produzierten Ökostrom z.B. zwei Cent mehr pro Kilowattstunde an den Landwirt zu zahlen. Denn wer heute konventionell Ökostrom bezieht, bekommt wie alle aus seinen Steckdosen nur einen
Mix aus Kohlestrom, Kernenergiestrom und Erneuerbare-Energie-Strom.
Handel mit Zertifikaten
Der Osnabrücker Hochschulprofessor kann sich für Landwirte noch ein weiteres Geschäftsmodell vorstellen. Die beim Landwirt durch seine Anlagen eingesparten CO2Emissionen könnten beziffert und zertifiziert werden, wieder zum Beispiel durch 15-Minuten Messungen. Die Zertifikate könnten dann an einer CO2-Emissionsbörse verkauft werden und so zu weiteren Einnahmen beim Land- und Energiewirt führen.
Allzu große Hoffnungen dämpfte Pfisterer dann aber doch: „Die Etablierung solcher Modelle dauert in der Regeln mehrere Jahre.“