Familienstreit um Helmut Kohls Grab hält an
Ein Holzkreuz, kein Stein: Wird der Ort der Bedeutung des Ex-Bundeskanzlers gerecht?
Schauspieler Christian Kahrmann,
der in den 1980er Jahren als Benny Beimer in der „Lindenstraße“bekannt wurde, kann seinem Aufwachsen ohne Handy und Internet etwas abgewinnen. „Man kann sich glücklich schätzen, wenn man das noch erlebt hat“, sagte Kahrmann (49) in Berlin. Mit 13 wurde er damals für die ARD-Serie entdeckt. Heute lässt sich mit vielen Bildern im Internet verfolgen, wie sich Kahrmann über die Jahrzehnte verändert hat. „Das ist strange für mich. Aber das zeigt mir, dass ich wahnsinnig früh angefangen habe und nicht erst mit 25 oder 30.“Kahrmann wird am kommenden Sonntag 50 Jahre alt.
Speyer – Nur noch vereinzelt bleiben Fußgänger kurz vor dem Zaun stehen, zücken ihre Handykameras. Der große Andrang am Grab von Helmut Kohl ist längst vorüber. Als der frühere Bundeskanzler vor fünf Jahren, am 16. Juni 2017, im Alter von 87 Jahren starb, pilgerten anfangs noch Menschenmassen in den Speyerer Adenauerpark.
Kanzler der Einheit
Dort, auf dem ehemaligen Friedhof der Domstadt am Rhein, befindet sich sein von Videokameras überwachtes Grab. Ein schlichtes, von Sträuchern umwachsenes Holzkreuz mit der Inschrift „Helmut Kohl 3.4.1930 16.6.2017“erinnert an den Kanzler der Einheit, links daneben steht ein Vogelhäuschen. Ein Grabstein fehlt hier noch.
Fotomotiv: Das schlichte Grab des Altkanzlers Helmut Kohl im Speyerer Adenauerpark
Der noch immer provisorische Grabzustand sorgt für Diskussionen in der Bevölkerung und den Medien – sowie bei den beiden Kohl-Söhnen Walter und Peter für Unmut: Sie werfen der Witwe Maike Kohl-Richter als Nachlassverwalterin vor, die bescheidene Grabstätte sei „unwürdig“für den ehemaligen Kanzler, CDU-Vorsitzenden und Staats
mann. Am 1. Juli 2017 war Kohl dort nach einer Trauerfeier im Speyerer Dom unter der Teilnahme von Staatsgästen aus aller Welt bestattet worden.
„Eine Schande“
Es sei eine „Schande“, dass das Grab auch nach fast fünf Jahren „einem lieblosen Provisorium“gleiche, sagte
Walter Kohl im vergangenen März der „Bild am Sonntag“. Bei der Wahl des Ortes und der Gestaltung des Grabes sei die Familie nicht eingebunden gewesen, kritisiert der KohlSohn, der eine Umbettung seines Vaters wünscht: Der Altkanzler habe für sich selbst einen Platz im Familiengrab in Ludwigshafen-Friesenheim an der Seite seiner 2001 verstorbenen ersten Ehefrau Hannelore vorgesehen. Das Verhältnis der Söhne Kohls zu dessen zweiter Ehefrau Maike KohlRichter gilt als zerrüttet.
Zuletzt bat die Oberbürgermeisterin der Stadt Speyer, Stefanie Seiler (SPD), die KohlWitwe schriftlich, das Grab nun zeitnah „final“herzustellen. Diese hatte sich 2017 dazu verpflichtet, ihre Pläne mit dem Domkapitel und der Stadt Speyer abzustimmen. Fünf Jahre nach der Beisetzung Kohls sei es aus Sicht der Stadt an der Zeit für eine endgültige Gestaltung des Grabes, sagte eine Sprecherin. Dies schließe auch einen Rückbau der Umzäunung und der Videobewachung ein. Die Maßnahmen seien einst von Maike Kohl-Richter gewünscht worden, um Vandalismus am Grab zu verhindern. Vorfälle habe es aber nicht gegeben. Nach einem ersten Gespräch mit der Kohl-Witwe gebe es bisher „keine Ergebnisse“.
Viele Gerüchte
Dennoch kursieren in der Öffentlichkeit seit Jahren Gerüchte, dass der Katholik Kohl gern an der Seite der Kaiser, Könige und Bischöfe in der Speyerer Dom-Krypta bestattet worden wäre. Das Bistum Speyer habe einen entsprechenden Kanzlerwunsch zurückgewiesen, versichert ein Mitglied des Dombauvereins. Dies gelte auch für die Alternative, eine Grabstelle auf dem Friedhof des Domkapitels am Rande des Adenauerparks.