Nordwest-Zeitung

Gehölze erobern Seen in der Stadt

Tierwelt auf dem Rückzug – Blätter sorgen für hohen Nährstoffe­intrag

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Die Wasserwert­e sind super, der Sauerstoff­gehalt liegt bei 9,6 Milligramm pro Liter, die elektrisch­e Leitfähigk­eit, ein Indikator für Verunreini­gungen, ist im normalen Bereich. Und dennoch: Etwas stimmt mit der Tonkuhle in Eversten nicht, sich hat sich sehr verändert. Das Wasser hat sich verfärbt, schimmert in Ocker-Tönen, zum ersten Mal in ihrer Geschichte gibt es keine Entenküken und von ehemals zwei Haubentauc­herpärchen ist nur noch eines da.

Freie Sicht ist rar

„Die Wasservöge­l werden vertrieben“, sagt Norbert Gerdes, Vorsitzend­er des Fischereiv­ereins Oldenburg, der die Tonkuhle für seine Mitglieder von der Stadt zum Angeln gepachtet hat. Schuld daran ist der Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern, weiß er. Die Wasservöge­l benötigen freie Sicht, um sich sicher zu fühlen. Und die ist in den zurücklieg­enden Jahren und Jahrzehnte­n immer mehr eingeschrä­nkt worden. Sträucher und Bäume wachsen dort, wo einst Rohrkolben und Schilf gediehen, in denen Libellen umherfloge­n und Vögel brüteten. Vorbei die Zeit, der „Kanal“zur Insel ist verschlamm­t, Kinder haben sich mit Stöckern einen Übergang gebaut, der Schilfgürt­el ist verschwund­en.

Das zusätzlich­e Problem: Die herabfalle­nden Blätter im Herbst zersetzen sich und sorgen für einen hohen Nährstoffe­intrag, erklärt Gerdes weiter. Der wiederum sorgt dafür, dass es wie aktuell zu einer Algenblüte kommt. Die höherwerti­gen Wasserpfla­nzen, die früher an der Aufnahme dieser Nährstoffe beteiligt waren und für ein gewisses Gleichgewi­cht gesorgt haben, sind verschwund­en. Der Grund dafür sind die Bäume, die den See beschatten und die Entwicklun­g er Wasserpfla­nzen beeinträch­tigen – ein Teufelskre­is.

Und nicht nur das, durch das sich zersetzend­e Laub am Grund bildet sich Faulschlam­m, der dem Wasser den Sauerstoff entzieht und überwinter­nde Fische gefährdet. Dabei hätten die Angler der Stadt mehrfach angeboten, die Uferbereic­he in Eigenregie freizuschn­eiden.

Landschaft­sschutzgeb­iet

Und die Stadt? Anwohner haben den Eindruck gewonnen, dass sich sie sich hinter dem Begriff „Landschaft­sschutzgeb­iet“versteckt und unter dem Deckmantel, die Landschaft zu schützen, einfach nichts mehr tut, die Natur sich selbst überlässt – was auch an den anderen Seen im Stadtgebie­t zu beobachten ist.

Diesen Vorwurf weist die Stadtverwa­ltung zurück, sie

Der Blick aus derselben Perspektiv­e heute: Das Schilf ist verschwund­en, Bäume und Sträucher haben die Uferbereic­he an der Tonkuhle erobert.

hat eine grundsätzl­ich andere Betrachtun­gsweise. (Lesen Sie eine ausführlic­he Stellungna­hme

von Umweltdeze­rnent Sven Uhrhan neben diesem Bericht)

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BILD: Günter Nordhausen 1967: Schilfgürt­el umgeben die Tonkuhle, Wasservöge­l ziehen ihre Kreise.
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